Dr. Hans Morschitzky
Klinischer und Gesundheitspsychologe
Psychotherapeut
Verhaltenstherapie und Systemische Familientherapie
A-4040 Linz, Hauptstraße 77
Tel.: 0043 732 778601 E-Mail: morschitzky@aon.at
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Mentales
Training - Vorstellung des Gelingens
Plastisch-konkrete Vorstellungen des
Gelingens stärken die
Motivation in schwierigen Zeiten und richten den Blick auf die positiven
Möglichkeiten statt auf Fehler und Schwächen. Das Durchspielen verschiedener
Bewältigungsstrategien soll im Rahmen des mentalen Trainings gelernt werden.
Visualisieren bezeichnet ein
Denken in
inneren Bildern. Ein entspannter Zustand
erleichtert die Entwicklung von inneren Bildern und Vorstellungen, ist jedoch
nicht unbedingt notwendig. Entscheidend ist vielmehr die intensive, durch alle
Sinne erleichterte Konzentration auf einen bestimmten Sachverhalt im Sinne einer
Wahrnehmungseinengung, wie dies auch bei
einer Hypnose der Fall ist. Nach dem
Carpenter-Effekt
führt jeder Gedanke an eine bestimmte Tätigkeit zu entsprechenden
Muskelstimulierungen (z.B. führen Fluchtgedanken zu muskulärer Aktivierung).
Positive Vorstellungen
(ein bestimmtes Ruhebild) sowie die
Vorstellung des Gelingens einer Handlung
bewirken angenehme körperliche Zustände. Die Vorstellung einzelner Körperpartien
sowie deren momentane Befindlichkeit und Tätigkeit verbessert die Wahrnehmung
und die Funktionen des eigenen Körpers und führt zu einem besseren
Körpererleben.
Mentales Training
wird in den verschiedensten Bereichen eingesetzt:
Die
Astronauten
der NASA werden auf Weltraumflüge vorbereitet, indem gefährliche, real nicht
trainierbare Situationen mental simuliert werden, um die
Reaktionsgeschwindigkeit in Notsituationen zu beschleunigen. Sie müssen „wie im
Schlaf“ reagieren können bei Situationen, die sie noch nie erlebt haben.
In der
Wirtschaft
und im Verkauf kann mentales Training in Form einer Motivationsstärkung bei
schwieriger Marktlage erfolgen. Auch ein erfolgreicher Verkäufer kann nicht
jederzeit den Umsatz steigern, er lernt jedoch bildhafte Vorstellungen des
Gelingens daran zu glauben, dass er z.B. bei der Aufschließung eines neuen
Marktes letztlich erfolgreich sein wird.
Bei
Krebspatienten
haben Visualisierungsübungen großen Anklang gefunden, die durch die
plastisch-realistische Vorstellung der heilenden physiologischen Prozesse das
Immunsystem und damit die Genesung unterstützen sollen. Diese Strategien
verlängern nicht unbedingt das Leben, verbessern jedoch oft die Lebensqualität.
In der
Rehabilitation
lernen Menschen, sich ihre geschädigten Körperteile intensiv zu
vergegenwärtigen, wie diese früher gesund in Bewegung waren, um dadurch deren
zukünftiges Funktionieren zu fördern.
Im
Sport
wird das körperliche Training durch das mentale Training ergänzt, um die
prinzipiell mögliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zu
mobilisieren (z.B. bildhafte Vorstellungen beim Slalom- oder Formel-1-Training).
Mentales Training
wird seit Jahrzehnten im Sport zur Leistungssteigerung eingesetzt. Sportler
spielen die Aufgabenstellung im Geiste x-mal durch, um sie besser bewältigen zu
lernen. Mentales Training bezeichnete ursprünglich ein mentales
Bewegungstraining, d.h. ein planmäßig wiederholtes Sich-Vorstellen des zu
erlernenden Bewegungsablaufs, und wird heute durch die Berücksichtigung
kognitiver, emotionaler und motivationaler Aspekte im Sport viel umfassender
eingesetzt.
Einige typische
Einsatzmöglichkeiten des mentalen Trainings im Sport:
Zeit- und energiesparendes Leistungstraining.
Auf dem Weg der oftmaligen Vorstellung erfolgt eine Automation und Verbesserung
bestimmter Verhaltensweisen, ohne dass durch ständiges Training in der Realität
die Leistungsreserven vorschnell ausgebeutet werden. Ein typisches Beispiel ist
die vielfache mentale Bewältigung einer Lauf- oder Schwimmstrecke.
Rasche
Einübung
komplexer motorischer Bewegungen.
Die
Vergegenwärtigung von Bewegungsabläufen bei bestimmten Sportarten und die
plastische Vorstellung des Ablaufs eines ganzen Wettkampfs ermöglichen das
Eintrainieren neuer bzw. adäquaterer Verhaltensweisen: den Speer oder die Kugel
im richtigen Moment werfen, den Rückhandschlag beim Tennis verbessern, die
Wurfgenauigkeit bei Korbball-Freiwürfen erhöhen, eine ungewohnte Sprungschanze
überfliegen.
Mentale Bewältigung von Krisensituationen.
Die innere Vorbereitung auf einen Ernstfall bzw. Notfall verhindert eine
Verletzung oder Katastrophe: mentale Bewältigung einer Sturzgefahr beim Slalom
wegen eines eisigen Streckenteils oder Vorstellung einer gefährlichen Situation
im Motorsport.
Bestärkung des
Glaubens an die Erreichbarkeit des Ziels.
Ein Hochspringer sieht sich über eine bestimmte Marke springen, die er bisher
noch nicht geschafft hat. Ein Slalomfahrer stärkt sein Selbstvertrauen, indem er
eine schwierige Strecke im Geiste erfolgreich bewältigt. Ein Läufer sieht sich
bei einem Wettlauf als erster im Ziel.
Besseres Durchhalten
während der sportlichen Leistung. Bevor der Körper nachlässt, hat der Geist
schon aufgegeben. Es gilt daher, das Durchhalten zu stärken.
Bessere Wettkampfvorbereitung
von so genannten „Trainingsweltmeistern“, d.h. von Sportlern, die im Training
oft erster werden, unter den Stressbedingungen des Wettkampfs jedoch versagen.
Dies kann verschiedene Gründe haben: die Sportler können im Wettkampf mit dem
Druck des Beobachtet-Werdens nicht umgehen; sie sind zu wenig spontan und
locker, sondern bemüht-verkrampft; sie kämpfen mehr gegen das Versagen (und
stellen sich dieses bereits sehr lebhaft vor) als für den Erfolg.
Zahlreiche
sportliche Erfolge und wissenschaftliche Untersuchungen belegen die Wirksamkeit
des mentalen Trainings. Durch die revolutionären Entwicklungen in der
Hirnforschung können mittlerweile mentale Bewegungsprozesse (z.B. bildhafte
Vorstellungen) auf dem Computerbild festgehalten werden.
„Einbildungen“
haben eine reale Grundlage im Gehirn und führen zu bestimmten physiologischen
Befindlichkeiten.
Mentales Training bei Angstzuständen
umfasst vier Abschnitte:
Entspannungsinduktion.
Entspannung soll eine Sammlung der Aufmerksamkeit nach innen bewirken und die
Lebendigkeit der Vorstellungen steigern.
Mentale Reizkonfrontation.
Intensive, plastisch-lebendige Begegnung mit den Angst machenden Situationen in
der Vorstellung unter Einbeziehung aller Sinnesorgane, wodurch auch die
bekannten körperlichen Angstreaktionen ausgelöst und toleriert werden.
Bewältigung.
Bestimmte Angstbewältigungsstrategien werden mental durchgespielt.
Erfolgsinduktion (realistischer Erfolg).
Die vorstellungsmäßige Vermittlung von realistischen Erfolgserlebnissen sichert
die Motivation und bestärkt den Glauben an die Angstbewältigung in der Realität.
Mentales
Training ermöglicht nicht nur die Etablierung positiver Sichtweisen und
Bewältigungsreaktionen, sondern auch die
Klärung von
Einstellungen, Empfindungen und Konflikten,
indem durch inneres Probehandeln ohne Risiko bestimmte Alternativen abgewogen
und innere Barrieren überwunden werden können. Beim mentalen Training ist es
wichtig, das Vorgestellte immer als gegenwärtig bzw. als bald, aber sicher
eintretend zu visualisieren, auch wenn es sich um unsichere Situationen und
zukünftige Ereignisse handelt. Hypnose, autogenes Training und andere Techniken
verwenden ähnliche Vorgangsweisen.
Grundsätzlich
gibt es
zwei Arten des Visualisierens:
Beobachterposition (sich von außen sehen).
Man erlebt das Vorgestellte wie in einem Film, d.h. man sieht sich selbst im
Bild und beobachtet sich aus sicherer Distanz. In der Fachsprache bezeichnet man
diesen Zustand als
„Dissoziation“.
Man sieht sich selbst wie auf einem Monitor oder einer Leinwand und spürt sich
körperlich und gefühlsmäßig in der Rolle des Beobachters und nicht des Akteurs.
Ein derartiges Vorgehen empfiehlt sich bei traumatisierenden Erfahrungen von
Gewalt (z.B. Überfall, Vergewaltigung, schwerer Unfall), um eine
unkontrollierbare emotionale Überwältigung und Retraumatisierung zu vermeiden,
aber auch bei Ängsten, die die Betroffenen nicht frontal angehen möchten. Die
Beobachterposition ermöglicht eine Distanzierung und erleichtert die
Distanzierung gegenüber sich aufdrängenden Erinnerungen, die wie gegenwärtige
Geschehnisse wirken.
Teilnehmerposition (sich von innen erleben:
Einheit als Handelnder und Beobachtender).
Man erlebt sich als Handelnder, als ob das Ereignis gerade jetzt stattfinden
würde, vergegenwärtigt durch alle Sinneskanäle. In der Fachsprache wird dieser
Vorgang „Assoziation“
genannt. Es entsteht ein intensives emotionales Erleben, das überall dort
angezeigt ist, wo es gefördert werden soll (z.B. Erleben von Wut oder Trauer)
oder zumindest besser ertragen werden soll (bei Angstzuständen und
unvermeidlichen körperlichen Missempfindungen). Jede schöne Urlaubserinnerung
und jede intensive Angstvorstellung stellt eine Assoziation dar, d.h. ein
Empfinden, als ob das Vorgestellte gegenwärtig Realität wäre. Bei sexuellem
Missbrauch müssen es die Betroffenen wieder lernen, eine Assoziation zur
aktuellen Situation mit ihrem derzeitigen Partner und ihren eigenen
körperlich-sexuellen Empfindungen herzustellen. Dies kann anfangs auch mental
trainiert werden.
Die lebendige
Vorstellung der Bewältigbarkeit einer Situation stärkt den Glauben daran,
ähnlich wie die Vorstellung einer bevorstehenden Katastrophe die Angst vor deren
Eintreten und damit das Vermeidungsverhalten bestärkt. In beiden Fällen ist es
die plastisch-lebendige Vergegenwärtigung des Ausgangs eines Ereignisses in Form
eines bestimmten Bildes oder einer Filmsequenz, die das vorherige Empfinden
bestimmt (Angst oder Zuversicht).
Einige Beispiele zur
Imagination positiver Erlebnisse sollen zu eigenen Ideen anregen:
Urlaub am Meer.
Sie liegen am Meer, lassen sich mit jeder Ausatmung angenehm schwer in Ihren
Liegestuhl fallen, sehen die Weite des blauen Meeres, hören das Rauschen der
Wellen, riechen den salzigen Seetang, spüren die warmen Sonnenstrahlen auf Ihrer
Haut und die angenehm kühlende Wirkung der Meerestropfen in Ihrem Gesicht und
genießen die Urlaubsstimmung. Was die Leute um Sie herum reden, ist Ihnen egal,
auch wenn es über Sie sein sollte, denn Sie verstehen ihre Sprache überhaupt
nicht.
Bergerlebnis.
Sie stehen sicher und fest auf einem Berggipfel, schauen auf das einzigartige
Panorama hinab, erleben das beruhigende Grün der Berghänge, blicken auf den
blauen Himmel, hören den heißeren Schrei einer Krähe, spüren einen angenehmen
Lufthauch über Ihr Gesicht streichen, atmen die frische Bergluft ein und tanken
sich dadurch auf mit neuer Energie, fühlen sich abgehoben vom Lärm des Tales,
alles schaut so weit weg aus. Sie stehen souverän über den Dingen und können
entscheiden, wann Sie sich wieder auf das Gewühl im Tal einlassen. Wenn auf Sie
etwas bedrückend wirkt wie ein dominierender Berg in einem engen Tal, dann
stellen Sie sich vor, Sie sehen alles vom Gipfel aus und blicken hinunter von
der Weite des Bergkamms.
Erfolgserlebnis.
Vergegenwärtigen Sie sich eines Ihrer größten Erfolgserlebnisse und spüren Sie
die dabei auftretenden körperlichen Empfindungen. Sehen Sie Ihr Verhalten wie in
einem Videofilm vor sich und schlüpfen Sie in diesen Körper, wo Sie sich dann
selbst nicht mehr sehen und plötzlich alles so erleben, als wäre es gegenwärtig.
Spüren Sie mit allen Fasern Ihres Körpers die Kompetenz und den Wert Ihrer
Person. Mit jeder Einatmung tanken Sie sich auf mit jener Kraft und Energie, die
Sie aus diesem Erfolgserlebnis beziehen. Mit diesem Körpergefühl gehen Sie
gelassen auf gefürchtete Situationen oder Personen zu.
Lieblingsmusik.
Schließen Sie Ihre Augen und vergegenwärtigen Sie sich mental Ihre
Lieblingsmusik. Stellen Sie sich vor, Sie haben erstklassige Kopfhörer auf,
versinken tief in der Welt der Musik und blenden die ganze Umwelt für einen
bestimmten Zeitraum aus, um sich aufzutanken. Hören Sie die Melodie, erleben Sie
den Rhythmus, der Sie mitreißt, bewegen Sie Ihren Körper bzw. Ihre Lippen, um
Ihre lebendige Teilnahme zu verstärken, spüren Sie das angenehme Kribbeln in
Ihrem Körper und lassen Sie angenehme Bilder aufkommen, die zu dieser Musik
passen.
Die Vergegenwärtigung
von Erlebnissen mithilfe aller fünf Sinne (Sehen, Hören, Spüren, Riechen,
Schmecken) fördert die Intensität der Erinnerung an schöne Erfahrungen bzw. die
bildhaft-plastische Vorstellung zukünftiger Ereignisse.
Die
Konzentration auf die Inhalte des mentalen Trainings wird oft durch
Störgedanken
oder Abschweifen beeinträchtigt. Ein direktes Dagegen-Ankämpfen führt jedoch oft
zur Fixierung darauf. Hilfreich sind Vorstellungen, wie unerwünschte Gedanken
von allein wieder so verschwinden werden, wie sie gekommen sind. Störende
Gedanken
ziehen dahin
wie die Wolken am Himmel,
taumeln weg
wie die Blätter im Herbstwind,
werden
weggetrieben wie Abfälle in einem Fluss,
lösen sich
auf wie der Nebel, der eine schöne Landschaft freigibt,
werden in
Kisten eingepackt wie Objekte und im Keller oder Dachboden abgestellt.