Dr. Hans Morschitzky

Klinischer und Gesundheitspsychologe

Psychotherapeut

Verhaltenstherapie und Systemische Familientherapie

A-4040 Linz, Hauptstraße 77     

Tel.: 0043 732 778601  E-Mail: morschitzky@aon.at

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Aspekte psychischer/psychosomatischer Störungen und Wege zur psychischen Gesundheit

Wenn Sie psychische oder psychosomatische Probleme haben, treffen oft einige der folgenden Punkte auf Sie zu. Welche davon sind für Sie gerade jetzt von Bedeutung?

 

1. Übermäßiges Leben in Vergangenheit und Zukunft (Grübeln) statt Leben im Hier und Jetzt

 

Sie beschäftigen sich in grüblerischer, unproduktiver Weise zu viel mit negativen Erfahrungen in der Vergangenheit, sodass Sie immer depressiver werden, oder mit möglichen Bedrohungen in der Zukunft, sodass Sie immer ängstlicher werden, statt ganz im Hier und Jetzt, im Augenblick, in der Gegenwart zu leben, um aktuelle Chancen zu nutzen bzw. das Leben mehr zu genießen. Vergangenheitsbewältigung und Zukunftsplanung sind durchaus wichtig, doch sollte dies mit dem Ziel geschehen, in der Gegenwart besser leben zu können.

 

Was können Sie jetzt tun in Bezug auf Vergangenheit und Zukunft? Handeln können Sie nur jetzt - davor können und sollen Sie zwar nachdenken, was Sie tun möchten, und danach sollten Sie die Ergebnisse auch auswerten - aber wenn Sie etwas tun, sollten Sie ganz im Tun bleiben, wie z.B. Spitzensportler.

 

2. Erlebnisvermeidung statt Akzeptanz und Bereitschaft für Neues

 

Sie vermeiden (sicherlich oft aufgrund negativer Erlebnisse) viele Erfahrungen, Situationen und Umstände, statt sie zu akzeptieren und sich darauf einzulassen, um daraus zu lernen und neue positive Erfahrungen zu machen. Ängstliche und depressive Patienten sowie Schmerzpatienten wollen ständig ihre Ängste, Depressionen und Schmerzen loswerden statt die aktuellen Symptome zumindest vorläufig zu akzeptieren und daneben das zu tun, was das Leben lebenswerter macht.

 

3. Identifizierung mit negativen Gedanken statt Distanzierung davon

 

Sie lassen sich zu sehr von Ihren negativen Gedanken und bildhaften Vorstellungen steuern, statt dazu auf innere Distanz zu gehen. Es ist angesichts von negativen Gedanken und Angst machenden Vorstellungen nicht das Ziel, immer positiv zu denken, sondern sich einfach nur zu vergegenwärtigen, dass es sich dabei nicht um die Wirklichkeit, sondern „nur“ um negative Gedanken und Vorstellungen handelt.

 

Das Hauptziel ist nicht primär, die negativen Dinge zu bekämpfen und zu beseitigen, sondern die positiven Dinge anzustreben.

 

4. Identifizieren/Festhalten am jeweiligen Selbstbild statt umfassenderer Sichtweise der Person

 

Sie haben bei diesem Problem nicht nur negative Gedanken, sondern ein sehr negatives Selbstbild, mit dem Sie sich identifizieren (z.B. „Ich bin ein totaler Versager, ein extrem schüchterner Typ, ein ungeschickter Mensch, ein unheilbarer Schmerzpatient“), statt sich davon zu distanzieren, indem Sie sich gleichsam von außen in umfassenderer Weise sehen (z.B. Was sind Sie neben Ihren Symptomen, Problemen und Schwächen auch noch bzw. was alles haben Sie in Ihrem bisherigen Leben bereits geschafft, nach dem Motto: „Ich bin mehr als das, was ich gerade von mir denke“).

 

Auf diese Weise sind Sie bereit für neue Erfahrungen, statt ständig immer nur ihren negativen Grundüberzeugungen in Bezug auf sich selbst zu bestätigen. Bei einem so genannten „Bestätigungsverhalten“ neigt man dazu, das zu bestätigen, was man ohnehin schon über sich selbst weiß.

 

5. Mangelnde Werteklarheit statt Klärung von Lebenswerten

 

Sie sind im Unklaren darüber, was Sie jetzt und für das weitere Leben wirklich wollen, statt sich Ihrer Lebenswerte und den daraus abgeleiteten kurz-, mittel- und langfristigen Zielen bewusst zu werden. Was sollten Sie familiär, partnerschaftlich und/oder beruflich ändern, damit Sie nicht immer anderen Menschen oder bestimmten Umständen hilflos ausgeliefert sind?

 

Was möchten Sie mehr als bisher vom Leben haben? Was Ihnen wirklich wichtig ist, hat auch dann noch Bestand, wenn es Ihnen schlecht geht, und Sie werden alles tun, um dies zu tun bzw. zu erleben. Werte und Ziele motivieren Sie, wieder etwas zu tun, auch wenn Sie dann vielleicht nicht alles erreichen, was Sie angestrebt haben.

 

6. Untätigkeit und beharrliches Vermeidungsverhalten statt entschlossenes Handeln

 

Sie treffen keine Entscheidungen, um endlich entsprechend Ihren Werten und Zielen zu handeln und dadurch die notwendigen Veränderungen und Fortschritte einzuleiten. Dies kann mit starken Gefühlen zusammenhängen (z.B. mit der Angst vor dem Neuen oder der Traurigkeit angesichts des möglichen Abschieds vom Alten und damit dem Verlust des bisher Vertrauten). Es kann aber auch bedingt sein durch Konfliktscheuheit (nach dem Motto: „Nur keinen Streit“) oder durch Trägheit (den „inneren Schweinehund“).

 

Es ist leichter, das bisher Gewohnte fortzuführen, als sich aufzuraffen, etwas Neues anzugehen. Setzen Sie erste Schritte, sodass bald Gewohnheiten daraus werden, dann geht alles leichter.

 

 

Die fünf Phasen der Krankheitsbewältigung

 

Die Schweizer Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross (gegen Ende ihres Lebens selbst von mehreren Schlaganfällen betroffen und an den Rollstuhl gefesselt) hat ein Fünf-Phasen-Modell der Bewältigung schwerer Erkrankungen erstellt, das bei jedem Menschen etwas anders ausschauen und auch in etwas  anderer Reihenfolge ablaufen kann (nicht alle kranken Menschen durchlaufen alle fünf Phasen):

 

1. Schock und Verleugnung („Wegstecken“)

Die Phase der Verleugnung (Schock-Phase) ist oft die erste, wenngleich auf Dauer falsche Bewältigungsstrategie, um von der Härte der Realität und dem ganzen Ausmaß der körperlichen oder psychischen Erkrankung und deren Folgen nicht „erschlagen“ zu werden.

„Nein, das  kann nicht sein, das stimmt nicht, es wird schon wieder werden, vielleicht haben sich die Ärzte doch geirrt oder etwas vertauscht.“ 

Es handelt sich um die Phase der Krankheitsverdrängung mit dem Ziel, sich damit nicht weiter auseinandersetzen zu müssen, weil dies zu belastend wäre. Man will die Angelegenheit „wegstecken“ und so tun, als ob nichts wäre. Schließlich war man früher oft sehr stark und hatte alles gut bewältigt.

 

2. Aggression (Ärger, Handern).

Nach dem „Erwachen“ kommt es zu heftigen Gefühlsäußerungen negativer Art: Wut und Zorn über die Ärzte und Eifersucht gegenüber den Gesunden bestimmen das Erleben.

„Warum gerade ich? Die Ärzte und sonstigen Therapeuten sind doch alle Versager und schauen nur auf ihr Geld. Zuerst haben sie mir alles Mögliche versprochen, wenn ich das  mache, was sie sagen, jetzt wollen sie nichts mehr von mir wissen, weil sie mir bislang nicht wirklich helfen konnten. Es ärgert sich, dass es den anderen so gut geht, während es mir so schlecht geht und keiner mich versteht.“

Die Betroffenen werden vorwurfsvoll gegenüber den bisher behandelnden Ärzten und Therapeuten, denen sie früher oft sehr vertraut haben, bis sie sich von diesen oft völlig enttäuscht fühlen. Sie werden schwierig für Ärzte, Verwandte und Bekannte, weil sie gegenüber der gesamten Umwelt ständig anklagend sind und in vorwurfsvollem Ton darüber reden, was sie schon alles mitgemacht hätten, keiner ihnen helfen könne und sie auch keiner verstehe, wie schlecht es ihnen gehe.

 

3. Verhandeln (beste Vorsätze, aber irreale Gesundheitsbestrebungen)

Versuche, durch schnelle Lebensveränderungen alles zum Guten zu bewegen, sollen die Hoffnung auf völlige Genesung stärken. Zumindest werden große Besserungsvorsätze geschmiedet und nicht selten auch viel Geld für alle möglichen Heilungsversuche ausgegeben.

„Ich lebe jetzt ganz gesund, dann werde ich auch wieder ganz gesund. Wenn ich mein Leben umstelle, regelmäßig trainiere, alles richtig mache, auf die richtigen Medikamente und  Therapien setze, werde ich die Krankheit völlig überwinden. Ich zahle alles dafür, damit ich wieder ganz gesund werde. Ich verspreche, mich jetzt gründlich zu ändern, dann habe ich die Chance auf völlige Gesundheit.“   

Viele Kranke geben große Versprechungen oder gar Gelübde ab, was sie alles tun würden, wenn sie wieder ganz gesund werden könnten, z.B. als Dank für die Genesung anderen Menschen finanziell oder materiell helfen.  Manche Menschen werden in dieser Phase auch wieder religiöser als bisher, um gleichsam einen Handel mit Gott abzuschließen, was sie alles tun würden („frommer leben“), wenn sie wenigstens mit überirdischer Kraft wieder gesund werden könnten, andere werden esoterisch.

 

4. Depression (Resignation)

Unendliche Traurigkeit, Leere, Sinnlosigkeit und Resignation bestimmen das ganze  Leben, wenn die frühere Verleugnung nicht mehr möglich ist, Wut und Ärger nicht zielführend sind und alles Verhandeln erfolglos war. Der Verlust der Gesundheit wird zur traurigen Gewissheit. Selbstvorwürfe, was man alles falsch gemacht haben könnte, erschweren die Krankheitsverarbeitung.

„Ich werde nie wieder ein normales Leben führen können. Ich kann meinen Beruf nicht mehr ausüben und bin nichts mehr wert. Was hat mein Leben dann noch für einen Sinn? Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich früher alles ganz anders gemacht, dann wäre es vielleicht nicht so weit gekommen.“  

Zahlreiche Betroffene werden psychiatrisch behandlungsbedürftig, weil sie mit der an sich normalen und realitätsangemessenen Traurigkeit über die Erkrankung und deren Folgen nicht umgehen können. Beispiel: Viele chronische Schmerzpatienten werden zusätzlich auch noch erheblich depressiv.

 

5. Annahme (Akzeptanz)

Im Idealfall gelingt die Annahme der Krankheit im Sinne einer erfolgreichen Krankheitsbewältigung und die Entwicklung einer möglichst guten Lebensqualität trotz der Krankheit.

„So ist es, und ich lebe jetzt damit, so gut ich kann, um maximale Lebensqualität zu erreichen.“  

Als Folge der Akzeptanz werden neue Wege gesucht und auch gefunden, um das weitere Leben sinnvoll zu gestalten, ohne totale Einengung auf die Krankheit, aber auch ohne Leugnung/Verdrängung. Das bekannte Gelassenheitsgebet drückt diese Haltung sehr anschaulich aus:  Gott, gib mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“  

Die Emotionen der ersten vier Phasen bestehen jedoch  weiterhin, sind aber besser im Gleichgewicht und dominieren nicht mehr das ganze Erleben.