Dr. Hans Morschitzky
Klinischer Psychologe, Psychotherapeut
Verhaltenstherapie, Systemische Familientherapie
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Konfrontationstherapie bei Angststörungen
Expositionstherapie - Reizkonfrontationstherapie: Konfrontation mit Angstsituationen ohne Vermeidung
Der vorliegende Text beruht auf meinen Büchern "Angststörungen" und "Die zehn Gesichter der Angst".
Im Laufe der Jahre haben sich in der Verhaltenstherapie jedoch verschiedene Weiterentwicklungen der Konfrontationstherapie (Expositionstherapie) ergeben, die in meinem Buch über Agoraphobie ausführlich beschrieben werden, das Sie durch Anklicken des Titels sofort bei Amazon bestellen können:
Morschitzky, H. (2017). Wenn Platzangst das Leben einengt. Agoraphobie bewältigen. Ein Selbsthilfeprogramm. Ostfildern: Patmos Verlag. 213 Seiten.
Dieses Buch beschreibt die vielfältige Symptomatik der Agoraphobie und deren Ursachen und bietet ein umfassenden Selbsthilfeprogramm in 7 Schritten zur Überwindung der Agoraphobie an, und zwar in Form einer Konfrontationstherapie nach vier verschiedenen Konzepten.
Vorbemerkungen
Die Konfrontationstherapie ist eine wichtige Methode zur Behandlung von Angststörungen, vor allem von Phobien, speziell von Agoraphobien mit und ohne Panikattacken. Die Frage ist nur, womit man sich als Angstpatient wirklich konfrontieren muss.
Es geht nicht nur um die Konfrontation mit großen, weiten Plätzen, engen Räumen, überfüllten Sälen, einsamen Wäldern, hohen Türmen oder Aufzügen, Menschenmassen, weiten Entfernungen usw.
Es geht vielmehr auch darum, sich zu konfrontieren mit
den eigenen Gefühlen,
den Zuständen von Hilflosigkeit,
den unangenehmen Körpererlebnissen,
den körperlichen und geistigen Kontrollverlustängsten,
dem Ausgeliefertsein gegenüber anderen Menschen,
der Verletzlichkeit gegenüber einem Partner, wenn man sich auf ihn einlässt,
der Angst nicht geliebt und verlassen zu werden,
der Angst von anderen kritisiert und abgelehnt zu werden,
der Möglichkeit seinen ganzen Ruf und sein Sozialprestige verlieren zu können,
den Fragen nach dem Sinn des Lebens,
den Möglichkeiten eines zu frühen Todes,
den Unwägbarkeiten des Lebens,
den Unsicherheiten in der Familie und auf dem Arbeitsplatz,
der Möglichkeit einer schweren Erkrankung (z.B. Krebs) oder körperlichen Behinderung,
den Befürchtungen, seine Kinder nicht mehr bis zum Erwachsenwerden begleiten zu können,
den Befürchtungen, sein geplantes Leben nicht vollenden zu können,
dem Risiko, dass alles schief gehen kann, wenn man mutig ist, etwas zu wagen,
den Gedanken, was passiert, wenn sich nie etwas ändern würde.
Ich ermutige alle meine Patienten, sich den verschiedenen Situationen des Lebens und der sozialen Umwelt zu stellen. Die Konfrontation erfolgt dabei jedoch immer letztlich mit sich selbst. Vertrauen können gegenüber anderen Menschen und gegenüber der Umwelt beruht immer auf dem Umstand, dass man (wieder) auf sich selbst vertrauen kann.
In einer
Verhaltenstherapie lernen Menschen mit Panikattacken, sich wieder selbst mehr
vertrauen zu können durch bestimmte Übungen und körperbezogene Erfahrungen. Im
Rahmen einer guten Therapiebeziehung lernen die Betroffenen sicherlich zuerst
einmal vertrauen auf die Hilfestellungen eines verhaltenstherapeutisch
orientierten Psychotherapeuten, bis sie das Vertrauen in sich wieder gefunden
haben.
Wer im Laufe der Psychotherapie nicht auf sich selbst vertrauen gelernt hat,
wird immer nur vertrauen können auf Medikamente, pflanzliche Mittel, Bachblüten,
Handy, Tabletten, Krankenhäuser, Ärzte, Psychotherapeuten, Verwandte, Bekannte
usw.
Ich mache mit meinen Patienten keine stundenlangen Angstübungen in der Stadt.
Panikpatienten mit Agoraphobie haben früher ohnehin alles problemlos geschafft.
Die Begleitung durch den Psychotherapeuten ist nicht wirklich eine
Angstbewältigungsübung, sie ersetzt nur den ständig an der Seite weilenden
Partner oder Freund. Übungen im Freien oder in geschlossenen Räumen haben nur
dann einen Sinn, wenn grundsätzlich die Bereitschaft und die Möglichkeit zu
einer Panikattacke gegeben ist. Wer der Angst auf diese Weise bewusst ins
Gesicht blickt, hat der Panik alle Macht genommen.
Ich mache
vielmehr Übungen in der Therapiestunde im Sinne eines mentalen Trainings. Es
geht darum, mit den inneren Bildern, die jeden Augenblick zu äußeren Erlebnissen
zu werden drohen, besser umgehen zu lernen. Man muss es wieder mental und
emotional durchleben lernen, was man in der Realität keinesfalls mehr erleben
möchte und sich dennoch immer wieder im Sinne einer Angst vor der Angst dafür
fürchtet.
Ich behandle meine
Panikpatienten wie Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung,
d.h. wie Menschen mit unbewältigten Unfällen, Überfällen, Misshandlungen,
Vergewaltigungen, Technik- oder Naturkatastrophen. Ich gehe davon aus, dass die
(zumeist erste) Panikattacke wie eine todesähnliche Erfahrung zu werten ist. Die
traumatische Erfahrung von einer oder mehreren Panikattacken mit massivem
Herzrasen, starkem Blutdruckanstieg, beängstigender Atemnot, heftigem Schwindel
usw. ist wie ein Unfall, Überfall usw. unauslöschlich im Gedächtnis
gespeichert. Man kann diese Erinnerungen nicht löschen wie bei einem Computer
die Festplatte, sondern nur emotional und mental in die Gesamtpersönlichkeit
integrieren.
Eine massierte Konfrontationstherapie, d.h. eine so
genannte Reizüberflutung (Flooding) in der Realität, mache ich als
Verhaltenstherapeut nicht (mehr). Die Betroffenen erhalten vielmehr eine
Anleitung, wie sie mit den sie überflutenden Erinnerungen, Fantasien und
Befürchtungen besser umgehen zu lernen. Erst danach erfolgt eine gestufte
Angstbehandlung in der Realität in dem Ausmaß, in dem sich die Betroffenen dies
zutrauen.
Positives Denken ("Es kann doch nichts passieren, weil ich doch ganz gesund
bin") hilft nicht wirklich weiter. Es ist nämlich schon etwas passiert - nämlich
die Erfahrung absoluter Hilflosigkeit, völligen Ausgeliefertseins gegenüber den
Panikattacken mit den bekannten körperlichen und kognitiven Symptomen.
Positiv denken kann in so einem Fall, wo man derartige Erinnerungen in seinem
Gedächtnis unauslöschlich abgespeichert hat wie eine reale Todesbedrohung, nur
bedeuten, dass man trotz des erlebten Horrors wieder so zu handeln lernt, dass
man den Körper, die Gefühle und den Geist, das eigene Leben und die soziale
Umwelt wieder steuern kann und sich nicht ständig gesteuert fühlt.
Grundprinzipien
verhaltenstherapeutischer Angstbehandlung
Die Verhaltenstherapie bei Angststörungen folgt denselben
allgemeinen Behandlungsprinzipien, wie diese grundsätzlich bei jeder Störung und
jedem Problem nach der Selbstmanagement-Therapie zur Anwendung gelangen.
Verhaltenstherapeuten legen mehr Wert auf eine umfassende Strukturierung der
Therapie als die Vertreter aller anderen Psychotherapiemethoden.
Das verhaltenstherapeutische Vorgehen beruht (neben dem Aufbau der Therapiebeziehung, der Änderungsmotivation, der Erfolgsüberprüfung u.a.) auf drei Säulen:
1.
Detaillierte Problemanalyse.
Genaue Erfassung der Probleme und Störungen.
Analyse der möglichen Ursachen (Wie ist es dazu gekommen?).
Analyse des gegenwärtigen Umfeldes (Was hält die Probleme derzeit aufrecht?).
2.
Individuelle Zielbestimmung (global und spezifisch).
Negative Formulierung: Was soll nicht mehr sein?
Positive Formulierung: Was genau soll erreicht werden?
3. Konkrete Therapieplanung gemeinsam mit dem Patienten bei möglichst großer Transparenz des Vorgehens und abgestimmter Auswahl der in Frage kommenden Methoden.
In der
Verhaltenstherapie werden bei verschiedenen Angststörungen ganz spezifische
Behandlungskonzepte angewandt. Bei der Behandlung von Agoraphobie und/oder
Panikstörungen ist ein Vorgehen in drei Phasen angezeigt: Vorbereitung -
Symptomtherapie - „Hintergrundsarbeit“ (Klärung individueller und systemischer
Aspekte).
Spezifische Therapieansätze bei
einzelnen Angststörungen
Panikattacken |
Agoraphobie |
Generalisierte Angst |
Soziale Ängste |
– Exposition
an körpereigene Signale (z.B. Hyperventilationstest) |
–
Exposition an externe Auslöser
|
–
Entspannung
|
–
Selbstsicherheitstraining |
– Kognitive
Umstrukturierung |
– Abbau
von Vermeidungsverhalten
|
–
Biofeedback |
–
Kommunikationstraining |
|
|
– „Sorgen- Exposition“
– Kognitive
Strategien zur Beruhigung |
– Rollenspiele
– In-vivo-Exposition |
3-Phasen-Modell der Behandlung von Agoraphobie und Panikattacken
1. Phase
Vorbereitung |
2. Phase
Symptomorientierte
|
3. Phase
Erweiterte Therapie zur
|
l
Diagnostik und Beziehungsaufbau |
l
Exposition an innere |
l
Selbstsicherheit und |
l
Exploration der „inneren Welt“ |
l
Exposition an äußere |
l
Steigerung
des |
l
Krankheitsmodell des Patienten |
l
Kognitive
Neubewertung |
l
Klärung
familiärer |
l
Information vermitteln |
|
l
Biographische |
l
Gemeinsames Störungsmodell erarbeiten |
|
l
Auseinandersetzung |
l
Therapie-Rational ableiten |
|
|
Rief beschreibt das konkrete Vorgehen am Beispiel von Panikstörungen und Agoraphobien (die Ausführungen gelten analog auch für andere Angststörungen):
„Das typische Vorgehen in
der Behandlung von Personen mit Angst- und Panikstörungen lässt sich in der
Regel in drei Phasen untergliedern.
Die erste Phase
stellt die Eröffnungsphase dar, in der die medizinische und psychologische
Diagnostik im Vordergrund steht. Ziel ist es, die ‚innere Welt des Patienten’ zu
explorieren, seine Ängste, seine Kognitionen, seine körperlichen Reaktionen. Dem
Patienten werden zahlreiche Informationen zur Entstehung von Angstattacken
vermittelt und mit ihm wird ein gemeinsames psychologisches Störungsmodell
erarbeitet... Das Ende der ersten Behandlungsphase stellt in der Regel die
Ableitung des Therapierationals dar, das festlegt, wie ein sinnvolles weiteres
Vorgehen aussehen soll. Insgesamt liegt somit ein Schwerpunkt auf der
Informationsgewinnung, Informationsvermittlung sowie Motivierung zur
Verhaltensänderung. Verschiedene Provokationstests (z.B. Hyperventilation) mit
entsprechenden Auswertungen werden unterstützend eingesetzt in dieser Phase.
Die zweite Therapiephase
stellt das Kernstück der Behandlung dar. In ihr erfolgt eine Auseinandersetzung
mit angstbesetzten Reizen, welche sowohl verinnerlichte Reize als auch äußere
Angstauslöser sein können. Hauptziel dieser Auseinandersetzung ist nicht das
Bewältigen als solches, sondern eine kognitive Neubewertung der Situation, der
eigenen Fähigkeiten und der persönlichen körperlichen Reaktionen. So trivial das
Expositionsverfahren in der theoretischen Darstellung oftmals wirkt, so viel
Erfahrung ist doch andererseits in der praktischen Durchführung nötig...
Die dritte
Behandlungsphase sollte aus Interventionen bestehen, die der allgemeinen
psychischen Stabilisierung dienen. Hierzu stehen verschiedenste Möglichkeiten
zur Auswahl, die je nach Problemlage des Patienten und persönlichen Vorlieben
des Therapeuten gestaltet werden können. So wäre hier durchaus auch an eine
biographische Aufarbeitung zu denken, die versucht, dem Patienten
Sinnzusammenhänge seiner Angststörung zu vermitteln bzw. solche mit ihm zu
erarbeiten, wie dies üblicherweise eher in psychodynamischen Therapien
geschieht. Allgemeine Stabilisierungsmaßnahmen können generell alle Maßnahmen
zur Steigerung des Selbstwertgefühls darstellen oder zur Aneignung von adäquatem
sozialem Kommunikationsverhalten und sozialer Kompetenz. Hierzu zählt zu lernen,
Emotionen zu äußern, Kontakte aufzunehmen und aufrechtzuerhalten, berechtigte
Forderungen zu stellen und unberechtigte Forderungen zurückzuweisen und vieles
mehr. Auch kann zu diesem Zeitpunkt eine Klärung familiärer Beziehungen sowie
die Übernahme von Selbstverantwortung in der Familie, am Arbeitsplatz und in
weiteren Lebenssituationen erfolgen. Auch eine Auseinandersetzung mit früheren
Traumata mag angezeigt sein.
Die Regel der zeitlichen Anordnung ‚symptomorientierte Therapie vor allgemein psychisch stabilisierenden Maßnahmen’ hat sich nicht nur in wissenschaftlichen Studien bewährt, sondern zeigte sich auch im praktischen Vorgehen als überzeugend. Gerade die biographische Aufarbeitung von traumatischen Ereignissen oder andere Interventionen der dritten Phase lösen in der Regel erneute Ängste aus, die zu ständigen Unterbrechungen und Abweichungen vom Therapieplan führen. Mit solchen Krisen kann der Patient deutlich besser umgehen, wenn ihm zuvor Hilfsmittel zum Umgang an die Hand gegeben und mit ihm eingeübt wurden. Oftmals bekommen Patienten erst durch die symptomorientierte Therapie ausreichend Vertrauen zum Therapeuten, um anschließend auch weitere psychotherapeutische Maßnahmen durchführen zu wollen und das nötige Vertrauen hierzu zu entwickeln.“
Bei gleichzeitigem Vorhandensein mehrerer Störungen und Probleme (andere Angststörung, Depression, Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch, Abhängigkeitsstörung, Partnerprobleme, berufliche Überlastung) sind zuerst deren Beziehungen zueinander zu bestimmen und danach folgende Behandlungsgrundsätze zu beachten:
Bei primärer Angststörung mit psychosozialen (Folge-)Problemen sollte zuerst eine gezielte Symptomtherapie erfolgen, bevor die anderen Probleme zu bewältigen versucht werden. Der bessere Umgang mit bisher unkontrollierbaren Ängsten erleichtert die Lösung anderer Probleme (Probleme am Arbeitsplatz, in der Partnerschaft, bei der selbständigen Lebensführung, bei der Berufswahl, bei Ortsveränderungen).
Bei primärer Angststörung mit sekundärer Depression reicht meistens eine Konfrontationstherapie, ohne dass eine antidepressive Medikation erfolgen muss.
Bei primärer Depression sollte zuerst eine medikamentöse Therapie und ein andersartiges psychotherapeutisches Vorgehen (z.B. kognitive Therapie) erfolgen, bevor eine Konfrontationstherapie stattfindet (falls diese noch notwendig sein sollte).
Bei Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch sollte zuerst die Substanz abgesetzt (ausgeschlichen) werden, bevor eine Konfrontationstherapie sinnvoll ist. Anderenfalls werden alle erreichten Erfolge der Substanzwirkung und nicht dem eigenen Bemühen zugeschrieben. Tranquilizer verhindern bzw. beeinträchtigen das heilsame Durchleben der körperlichen und emotionalen Reaktionen bei der Konfrontation mit den Angst machenden Situationen.
Bei Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit ist zuerst eine Entzugsbehandlung durchzuführen. Wenn im Verlauf der Suchttherapie deutlich wird, dass die Abhängigkeit ihren Ausgang von einer primären Angststörung genommen hat, sollte anschließend eine Angstbehandlung erfolgen.
Bei Beziehungsproblemen, die eine Partnertherapie nahe legen, empfiehlt sich in vielen Fällen eine vorherige individuelle Behandlung der Angststörung, damit Art und Ausmaß der Beziehungsproblematik deutlicher werden können. Partnerprobleme können Ursache oder Folge einer Angststörung sein.
Nach den Erfahrungen von Iver Hand entscheiden sich etwa 75% der phobischen Patienten auch bei gleichzeitigem Vorliegen anderer Probleme (z.B. in der Partnerschaft) vorerst einmal für eine Symptomtherapie. Die Entscheidung für eine anfänglich symptombezogene Therapie sollte allerdings nicht routinemäßig aufgrund der Diagnose, sondern erst nach einer ausführlichen Problemanalyse erfolgen. Bei Bedarf und Erfolgswahrscheinlichkeit kann durchaus mit einer „Therapie am Symptom vorbei“ begonnen werden, wie dies bei anderen Psychotherapiemethoden üblich ist.
Therapeut und Patient können
unterschiedliche Sichtweisen der Problementstehung und Therapieplanung
aufweisen. Einem Beispiel von Hand folgend, beschreibt ein phobischer Patient
vielleicht folgende Problementwicklung: Phobie - Depression -
Arbeitsplatzprobleme - Eheschwierigkeiten. Der Therapeut vermutet aufgrund
seiner Analysen dagegen folgende Entwicklung: Ehekonflikt - Depression - Phobie
- Schwierigkeiten am Arbeitsplatz. Hier sollte der Therapeut dem Patienten die
Chance geben, in der Therapie sein eigenes Modell zu überprüfen.
Der Therapiegrundsatz „Den Patienten dort abholen, wo er steht“ bedeutet in diesem Fall, mit einer Symptomtherapie zu beginnen. Erst nach einer vorherigen Symptombehandlung wird vielen Patienten ihr Partner- oder Berufskonflikt deutlich.
In der Verhaltenstherapie wurden im Laufe der Zeit zwei verschiedene Strategien zur Behandlung von agoraphobischen Ängsten entwickelt:
Systematische Desensibilisierung: Aushaltenlernen immer schwierigerer Angst machender Situationen in der Vorstellung unter angstdämpfenden Entspannungsbedingungen oder in der Realität bei dosierter, leicht erträglicher Angst („gestufte Reizkonfrontation“).
Reizkonfrontation mit Reaktionsverhinderung („massierte Reizkonfrontation“ im Sinne von Reizüberflutung/Flooding): intensive Konfrontation mit den Angst machenden Situationen in der Realität ohne Entspannung, sondern bei bewusster Angst- und Panikprovokation mit dem Ziel der Erlernung von Bewältigungsstrategien bei erlebten Panikreaktionen („Angstbewältigungstraining“).
Die verschiedenen verhaltenstherapeutischen Behandlungsansätze bei Angststörungen lassen sich anhand von zwei Kategorien klassifizieren:
Art der Angstkonfrontation: graduell oder massiert,
Realitätsgrad der Angstkonfrontation: in der Vorstellung oder in der Realität.
Angstbehandlung in der Verhaltenstherapie
Art der
Angstkonfrontation |
In der
Vorstellung |
In der
Realität |
Graduell
(allmählich, gestuft) |
Desen
(Annähern) |
Habituierung
(Gewöhnung) |
Massiert
(plötzlich und intensiv) |
Implosion
(Verlöschen durch Übertreiben) |
Flooding
(Überfluten) |
Systematische Desensibilisierung - Die Angst erfolgreich meiden
1958 stellte der Psychiater Wolpe in Südafrika die systematische Desensibilisierung zur gezielten Behandlung von Angst vor. Er übertrug konsequent die Prinzipien der Lerntheorien auf den klinischen Bereich und wurde damit Ende der 50er Jahre einer der Mitbegründer der Verhaltenstherapie, die sich aus lerntheoretischen Wurzeln gleichzeitig in Südafrika, in den USA und in England entwickelte.
Die Patienten lernen, Angst machende Situationen unter angstdämpfenden Bedingungen zu ertragen. Ziel ist die angstfreie Angstbewältigung:
„Wenn es gelingt, eine mit Angst unvereinbare
Reaktion bei Anwesenheit eines angsterzeugenden Stimulus auftreten zu lassen, so
dass es zu einer vollständigen oder teilweisen Unterdrückung der Angstreaktion
kommt, wird die Verbindung zwischen dem Stimulus und der Angstreaktion
abgeschwächt.“
Entspannung wird als die gesuchte angstdämpfende Bedingung angesehen, weshalb die rasch erlernbare Technik der progressiven Muskelentspannung nach Jacobson eingeübt wird. Es können aber auch andere Entspannungstechniken eingesetzt werden (Atemtechniken, autogenes Training, Biofeedback, Hypnose).
Bei der systematischen Desensibilisierung werden zuerst konkrete Situationen hinsichtlich eines phobischen Objekts oder Ereignisses gesammelt, dann in eine nach Schwierigkeitsgrad abgestufte Rangfolge gebracht (d.h. es wird eine Angsthierarchie erstellt) und anschließend von der leichtesten bis zur schwersten Aufgabe unter Entspannungsbedingungen in der Vorstellung ertragen gelernt, bis Angstfreiheit gegeben ist. Die jeweils schwierigere Situation wird erst dann angegangen, wenn die leichtere wiederholt ohne Angst durchgestanden werden kann.
Die Desensibilisierung kann nicht nur in der Vorstellung, sondern auch in der Realität erfolgen. In der Realität werden nur jene Situationen aufgesucht, die in der Vorstellung bereits sicher ertragen werden können. Es handelt sich dabei um eine Angstbehandlung nach dem Modell der gestuften Reizkonfrontation. Auf diesem Prinzip beruhen die verschiedenen Selbsthilfeprogramme.
Ein Beispiel für eine Angstbehandlung nach dem klassischen Desensibilisierungsmodell ist die Behandlung von Tierphobien (Spinnen, Hunde, Pferde usw.). Während zuerst Bilder und Filme der gefürchteten Tiere oder Objekte gezeigt werden (vielleicht auch gezeichnet werden), erfolgt im Laufe der Zeit eine immer stärkere Annäherung an die realen Angstauslöser, bis schließlich eine Berührung der Tiere bei erträglicher Erregung möglich wird oder die Tiere auf der Haut ertragen werden (z.B. bei Käfer- oder Spinnenphobien). Oft sind gar nicht Ängste, sondern Ekelgefühle auszuhalten.
Das Desensibilisierungskonzept stellte in den 70er Jahren weltweit die zentrale Angstbehandlungsmethode der Verhaltenstherapie dar, vielfach galt sogar die formelhafte Gleichsetzung „Verhaltenstherapie = systematische Desensibilisierung“.
Heutzutage gilt dieses Konzept in Theorie und Praxis allgemein als überholt und wird nur mehr in bestimmten Fällen angewandt. Selbst bei Wirksamkeit verlängert ein derart langsames, weil angstmeidendes Vorgehen die Behandlungsdauer erheblich, ohne den Behandlungseffekt zu erhöhen.
Studien zur systematischen Desensibilisierung haben folgendes ergeben:
Entspannung ist keine notwendige Voraussetzung für die Wirksamkeit der systematischen Desensibilisierung, d.h. erfolgreiche Angstbewältigung setzt nicht unbedingt eine vorherige Entspannung voraus.
Sichere Angstbewältigung erfordert kein Vorgehen nach dem Prinzip einer Angsthierarchie, d.h. ein schrittweises Vorgehen in einer bestimmten Reihenfolge (von leichteren zu schwierigeren Übungen) ist keinesfalls nötig.
Das Modell der systematischen Desensibilisierung
bedeutet nach Hand ein Angst-Meidungs-Training („Meidungs-Management“). Eine
stärker emotional-physiologische Erregung durch intensivere Angstzustände wird
gezielt zu vermeiden versucht. Es wird trainiert, wie man den bisher phobisch
gemiedenen Situationen ohne große Angst und Panik begegnen kann. Dies kommt dem
Bedürfnis vieler Patienten sehr entgegen, bisher Angst machende Situationen mit
Hilfe bestimmter Techniken garantiert ohne Angst bewältigen zu können.
Das Modell der
massierten Reizkonfrontation in der Realität (Reizüberflutung oder Flooding)
stellt ein Angst-Management-Training dar, dessen Charakteristika im Vergleich
zum Desensibilisierungsmodell gut aufgezeigt werden können.
Angst-Meidungs-Training und Angst-Management-Training
Angst-Meidungs-Training
(Desensibilisierungs-Modell) |
Angst-Management-Training
(Flooding-Modell) |
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Das Desensibilierungsmodell als Angst-Meidungs-Training wird heute praktisch nur mehr bei Selbsthilfeprogrammen im Sinne einer gestuften Reizkonfrontation in der Realität eingesetzt, weil hier die Risiken im Falle fehlerhafter Anwendung minimiert werden und diese Vorgangsweise den meisten Angstpatienten erträglich erscheint.
Das Modell der massierten Reizkonfrontation in der Realität (Flooding) ist als Selbsthilfemethode vielen Agoraphobiepatienten mit Panikstörung nicht zumutbar, weil deren Problematik gerade darin besteht, dass sie intensive Angstzustände vermeiden. Mutige Angstpatienten können auf diese Weise jedoch rasch ihre Ängste verlieren.
Für bestimmte Patienten bleibt eine gestufte Reizkonfrontation angezeigt:
Menschen mit Situationsängsten im Rahmen einer generalisierten Angststörung;
Menschen mit geringer Stresstoleranz und übermäßig großen Belastungen (vor allem auch in Verbindung mit gleichzeitig vorhandenen anderen Störungen wie depressive Episode, Erschöpfungsdepression, Kreislaufinstabilität, hormonelle Störungen);
Menschen mit psychotischen Episoden in der Vorgeschichte;
Menschen mit Substanzmissbrauch (besonders jene, die die Übungen nur bei heimlicher Alkohol- oder Tranquilizereinnahme durchführen würden);
Menschen mit zwanghaft-rigider Persönlichkeitsstruktur, die auf ihre Unabhängigkeit bedacht sind und durch derartige Übungen in einen Machtkampf mit dem Therapeuten geraten würden;
Menschen mit der Unfähigkeit, emotionale Durchbrüche zulassen und sich fallen lassen zu können (diese Personen bleiben auch beim Flooding verspannt);
Menschen mit ständiger Leistungshaltung, alles schaffen zu müssen, sogar schwierigste therapeutische Übungsaufgaben (das Motto „Man muss sich nur zusammenreißen“ ist gerade bei einer Reizüberflutungstherapie nicht erwünscht);
Menschen mit Traumatisierung in Kindheit und Jugend durch einen überwiegend leistungsbezogenen, zuwendungsarmen Erziehungsstil der Eltern (eine massierte Reizkonfrontationstherapie könnte hier zu einer unkontrollierten Wiederholung traumatischer Situationen führen);
Menschen, denen beim Vorgehen nach dem Selbsthilfeprinzip ausreichend geholfen werden kann, indem ihnen ein Therapiemanual zur Verfügung gestellt wird.
Die Reizkonfrontationstherapie wurde in den 60er-Jahren in England entwickelt, wo sie „exposure“ genannt wird, weshalb man im deutschen Sprachraum auch von „Exposition“ oder „Expositionstherapie“ spricht.
In der letzten Zeit hat sich anstelle der Bezeichnung „Reizkonfrontationstherapie“ der Begriff „Konfrontationstherapie“ durchgesetzt, weil damit nicht nur die Konfrontation mit dem Reizaspekt der Situation („äußere Reize“), sondern auch die Konfrontation mit den eigenen (Angst-)Reaktionen („innere Reize“) erfasst wird.
Als Begründer der Konfrontationstherapie gilt Isaac Marks, Professor für Psychiatrie an der Universität von London und seit Jahrzehnten die bedeutsamste Persönlichkeit in der Erforschung und verhaltenstherapeutischen Behandlung von Angststörungen in Großbritannien.
Konfrontationstherapien beruhen auf dem Prinzip der Konfrontation mit den Angst machenden Situationen oder Objekten ohne Entspannung. Die Konfrontation im Sinne einer massierten Reizkonfrontation bezeichnet man als „Reizüberflutung“ (englisch „Flooding“).
Die Konfrontationstherapie beruht auf drei charakteristischen Prinzipien:
Massierte Reizkonfrontation. Es erfolgt eine direkte, sofortige und intensive Konfrontation mit den am meisten Angst machenden Situationen in der realen Umwelt.
Ununterbrochene und nicht ablenkende Konfrontation mit der Angstsituation bis zum Zeitpunkt eines deutlichen Absinkens der Angstreaktionen auf ein erträgliches Ausmaß. Die intensive Zuwendung zu den Angst machenden Reizen kann entweder durch inneres Verbalisieren und Kommentieren der momentanen Vorgänge oder durch lautes Sprechen über die aktuellen Vorgänge (z.B. in Begleitung des Therapeuten) aufrechterhalten werden.
Reaktionsverhinderung. Die Betroffenen sollen die gefürchtete Situation im Zeitpunkt der größten Angst nicht verlassen, sondern darin ausharren, um das Erlebnis der Bewältigung zu erfahren.
Im deutschen Sprachraum stellten Marburg und Hamburg die Zentren der Entwicklung der Konfrontationstherapie dar.
1980 veröffentlichten die Marburger Forscher Bartling, Fiegenbaum und Krause das Standardwerk „Reizüberflutung. Theorie und Praxis“. Die Autoren beziehen sich zur theoretischen Fundierung auf die Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer, die sie jedoch gleichzeitig als unzulänglich hinstellen, weil dieses Konzept das Anhalten phobischen Verhaltens trotz einer Konfrontationstherapie nicht erklären kann.
Neben den lerntheoretischen Konzepten von Stimulus (Reiz) und Response (Reaktion) als Grundeinheiten des Verhaltens wurden schon damals kognitive Konzepte betont, die die psychischen Verarbeitungsprozesse berücksichtigen, die während einer Konfrontationstherapie ablaufen.
Die Wirkmechanismus der Konfrontationstherapie beruhen auf den Vorgängen der „Löschung“ und der „Habituation“:
„Durch wiederholte Konfrontation mit dem konditionierten Stimulus bei gleichzeitiger völliger Verhinderung der Vermeidungsreaktion soll die Angstreaktion gelöscht werden. Für eine effektive Löschung sollten möglichst alle Reize, die zu konditionierten Stimuli für die (potentielle) Angstreaktion geworden sind, dargeboten werden. Ein Generalisierungseffekt ist jedoch zu erwarten.“
Löschung bedeutet, dass die Angstreaktion auf einen phobischen Auslöser hin nicht durch Flucht oder Vermeidung beendet wird, sondern durch Gewöhnung (Habituation) an den phobischen Reiz in Form von regelmäßiger Konfrontation.
Habituation bedeutet eine Gewöhnung an bislang Angst machende Reize und Situationen, so dass die physiologische Erregung nachlässt. Anders formuliert ist Habituation „das Absinken der Reaktionswahrscheinlichkeit zentralnervöser und peripherer Strukturen bei wiederholter Reizdarbietung“.
Bei neuen, ungewohnten, unerwarteten, gefährlich und unerträglich erscheinenden Reizen und Situationen erfolgt eine 3-5 Minuten dauernde arousal reaction, d.h. eine massive körperliche und geistige Aktivierung im Sinne der Kampf-Flucht-Reaktion nach Cannon und der Alarmreaktion nach Selye.
Bei Angst- und Zwangspatienten ist anfangs alles immer wieder neu aufregend, weil durch das ständige Vermeidungsverhalten keine Gewöhnung an die entsprechenden Auslösereize erfolgt. Die Marburger Forscher weisen auf die Ähnlichkeit der Reizkonfrontationstherapie mit paradoxen Therapieverfahren hin:
„Die Aufforderung, die Angst zuzulassen, beinhaltet nach unserer Erfahrung erhebliche Anteile einer paradoxen Instruktion und sollte vor und während des Intensivtrainings häufiger wiederholt werden.“
Die Effektivität eines derartigen Vorgehens hatte bereits in den 30er Jahren der Wiener Psychiater Viktor Frankl mit seiner Technik der „paradoxen Intention“ aufgezeigt. Die Reizüberflutungstherapie beginnt genau mit dem, was die systematische Desensibilisierung bzw. gestufte Reizkonfrontationstherapie gezielt zu verhindern sucht, nämlich mit der Provokation von Emotionen und körperlichen Angstreaktionen.
Durch rasche und massive Konfrontation mit den am meisten Angst machenden Situationen unter möglichst realistischen Bedingungen, d.h. in Alltagssituationen, werden die bisher gefürchteten körperlichen, emotionalen und kognitiven Reaktionen in Anwesenheit des Therapeuten provoziert und bewältigt. Die Patienten werden ermutigt, die Angst machenden Situationen zum Zeitpunkt der größten vegetativen Erregung nicht zu verlassen, sondern in einer Art Beobachterposition aushalten zu lernen.
Im Gegensatz zu Vertretern anderer Psychotherapiemethoden gehen Vorhaltenstherapeuten bei Bedarf zusammen mit ihren Patienten aus dem Therapieraum in Angst machende Situationen des täglichen Lebens, um ihnen diese in Form eines „Durchlebens“ besser bewältigen zu helfen als durch ein „Darüber-Reden“.
Angstbehandlung nach dem Modell der Reizüberflutung erfolgt bei einer schweren Agoraphobie anfangs häufig gemeinsam mit einem aufmunternden Therapeuten, der sich im Laufe der Zeit immer mehr ausblendet, kann aber auch von Beginn an alleine durchgeführt werden oder in Begleitung einer Vertrauensperson.
Bei vielen Patienten (vor allem bei Patienten mit angstneurotischer Struktur im Sinne der Psychoanalyse) ist eine Reizüberflutung in Begleitung des Therapeuten nicht möglich bzw. wenig sinnvoll, weil der anwesende Therapeut eine Sicherheitsgarantie darstellt („Wenn etwas passiert, werden Sie mir helfen“, „Auf Ihre Verantwortung hin mache ich alles“), aber auch das unerträgliche Gefühl des Alleinseins mildert („Mit Ihnen mache ich gerne alle Übungen, allein freut es mich nicht“). Viele Agoraphobiepatienten können die Übungen in Anwesenheit des Therapeuten sogar genießen, während sie erst beim Üben allein richtiggehend Angst bekommen.
Massierte Konfrontation (Reizüberflutung) bedeutet nach einem Bild von Marks, in das tiefe Wasser der Angst zu springen, Desensibilisierung ist dagegen ein zentimeterweises Hineinwaten vom seichten Ende her. Bei Therapiebeginn erfolgt sofort eine Konfrontation mit den am stärksten Angst machenden Situationen im Sinne einer „Überflutung“ (Flooding), um rasch einen Durchbruch zu erreichen und tage- bzw. wochenlanges Üben überflüssig zu machen. Dabei wird anfangs mindestens 1-3 Tage lang zusammen mit dem Therapeuten intensiv geübt, und zwar den ganzen Tag lang (mindestens jedenfalls 4-6 Stunden), oder es finden 1-5 Übungstage innerhalb von 2 Wochen statt, während eine gestufte Reizkonfrontation im Sinne eines Angst-Meidungs-Trainings 6 Wochen bis 6 Monate Zeit erfordert, bis sich ein ausreichender Therapieerfolg einstellt.
Bei einem zeitlich besonders massierten Vorgehen werden in ca. 5-10 aufeinander folgenden Tagen bis zu 8-10 Stunden täglich die symptomauslösenden Situationen aufgesucht. Trainiert wird die Konfrontation mit Angst machenden Situationen, wie sie für den Patienten typisch sind, aber auch wie sie in der Alltagswelt des Durchschnittsbürgers auftreten können. Nach den Intensivtagen zusammen mit dem Therapeuten soll der Patient die Übungen täglich allein fortsetzen.
Durch die massierte Reizkonfrontation soll möglichst rasch und intensiv eine Konfrontation mit den gefürchteten körperlichen, kognitiven und emotionalen Reaktionen erreicht werden. Ohne Erleben und Bewältigung der intensivsten Reaktionsmöglichkeiten (Panikattacke) besteht eine potentielle Rückfallsgefahr und eine große Erwartungsangst vor dem Schlimmsten, dem man sich nicht gewachsen sieht. Erwartungsängste sollen dadurch abgebaut und für die Zukunft verhindert werden.
Bei der Reizüberflutungstherapie werden Angst-Panik-Reaktionen in der realen phobischen Umwelt ausgelöst und dort zugleich adäquate Bewältigungsstrategien eingeübt. Dieses Ziel kann durch gestuftes Vorgehen oder durch parallel laufende Medikation niemals erreicht werden, weil dadurch die für Angstpatienten so typische „Angst vor der Angst“ nicht überwunden wird. Durch das Erlebnis, dass auch die stärkste Angst ausgehalten werden kann und nach einiger Zeit (5-20 Minuten) zurückgeht, erfolgt gleichzeitig auch eine „kognitive Umstrukturierung“, die durch eine ausschließlich kognitive Therapie (Analyse und Änderung der Denkmuster) nicht so effektiv erreicht werden kann („Ich erlebe, dass ich Angst aushalten kann, daher glaube ich auch zukünftig, dass ich Angst aushalten kann“).
Durch eine Expositionstherapie sind oft schon nach einer Woche all jene Ängste im Griff, die vielleicht schon seit Jahren das Leben massiv eingeengt haben. Dies bringt zwar die schnellsten und sichersten Erfolge, scheint jedoch nur Mutigen und gut Belastbaren vorbehalten zu sein. Eine massierte Reizkonfrontationstherapie ist besonders bei Phobien mit Panikattacken und Vermeidungsverhalten (Kleintierphobie, Agoraphobie, soziale Phobie) angezeigt, weil die Betroffenen dazu neigen, Panikattacken durch Vermeidungsstrategien zu bewältigen, die in weiterer Folge die Angst vor der Angst nur verstärken und langfristig die Gefahr einer sekundären Depression oder eines Alkohol- bzw. Medikamentenmissbrauchs in sich bergen.
Bei Phobien mit Angstsymptomatik und Meidung, jedoch ohne Panikattacken, ist eine gestufte Reizkonfrontation auf der Basis von Selbsthilfebüchern sinnvoll, wenngleich therapieverlängernd. Das beste Agoraphobie-Selbsthilfeprogramm stammt von Mathews, Gelder und Johnston aus London, das von Hand und Fisser-Wilke in Hamburg übersetzt und seit den 80er Jahren erfolgreich eingesetzt und erforscht wurde. Hausübungen, wie sie in Form einer eigenständigen, gestuften Angstkonfrontation jedem Patienten gegeben werden können, entsprechen dem Prinzip der Verhaltenstherapie, dass sich Veränderungen nicht so sehr in den therapeutischen Sitzungen, sondern vielmehr in den Zeiträumen zwischen den Therapiestunden ereignen.
Erwartungsängste bezüglich
einer Katastrophe (Panikattacke) sind am besten durch Simulation bzw.
Provokation einer solchen zu behandeln, weil über die konkrete Erfahrung, dass
keine Katastrophe eintritt, die falschen Denkansätze der Patienten am
schnellsten und überzeugendsten korrigiert werden können.
Das Grundprinzip lautet: Realitätstestung statt Phantasieren. Ziel ist eine realistischere Einschätzung von Situationen und körperlichen Reaktionen.
Durch Konfrontationen mit gefürchteten Situationen, deren konkrete Gefahren vorher oft gar nicht angegeben werden können, wird deutlich, ob eher eine Angst vor den eigenen körperlichen Reaktionen besteht (wie dies bei einer Panikstörung der Fall ist) oder eher eine Angst vor der Reaktion der Umwelt (wie dies bei einer sozialen Phobie zutrifft). Verschiedene Agoraphobiker mit Panikstörung haben keine Angst zu sterben, sondern eine Angst, unangenehm aufzufallen, oder für verrückt gehalten zu werden.
Marks beschreibt in seinem populärwissenschaftlich verfassten Buch „Ängste. Verstehen und bewältigen“ einem großen Leserkreis durch Beispiele, warum das Prinzip der Konfrontation ohne Flucht so wichtig ist:
„Um Phobien im Keim zu ersticken, lautet die goldene Regel: Vermeiden Sie Flucht! Fördern Sie die Konfrontation mit der Angst. Nach einem plötzlichen Unfall vergeht oft eine gewisse Zeit, bevor eine Phobie entsteht. Wenn der Betreffende in diesem Zeitraum der ursprünglichen Situation noch einmal unmittelbar ausgesetzt wird, bewahrt ihn das davor, sich vor ihr zu fürchten. Es ist eine alte Erkenntnis, dass Menschen unmittelbar nach dem ursprünglichen Trauma die traumatische Situation noch einmal durchleben sollten. Piloten wird geraten, nach einem Flugunfall absichtlich sobald als möglich wieder zu fliegen, und Autofahrern wird empfohlen, sich nach einem Zusammenstoß sobald wie möglich wieder ans Steuer zu setzen. Wenn man von einem Pferd stürzt, ist es das Beste, gleich wieder aufzusteigen.“
Der Erfolg von Konfrontationstherapien hängt sehr davon ab, dass die Betroffenen durch ein plausibles Erklärungsmodell von der Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens überzeugt werden können. Dies setzt nicht nur eine optimale Vermittlung von Sachinformationen und technischen Anleitungen voraus, sondern auch eine gute Therapeut-Patient-Beziehung, durch die ein Mensch mit Angstzuständen erst Vertrauen und Zuversicht entwickeln kann.
Die meisten phobischen Patienten wissen im Prinzip, auf welche Weise sie ihre Ängste überwinden könnten, nämlich durch etwas mehr Mut und Konfrontation mit den Angst machenden Situationen, doch gerade dazu sind sie nicht in der Lage. Angst vor bestimmten Situationen zu haben, bedeutet, sich selbst nicht trauen zu können, aber auch sonst niemand. Konfrontationstherapien sind daher Übungen des Vertrauens.
Angstpatienten benötigen gerade zu Beginn der Therapie eine emotionale Unterstützung, Motivierung und Handlungsanleitung durch den Therapeuten. Die Entscheidung zu Angstbewältigungsübungen allein oder zusammen mit dem Therapeuten stellt einen Ausdruck des Vertrauens zum Therapeuten dar.
Entsprechende Übungen innerhalb und außerhalb des Therapieraumes führen zu einer Intensivierung der Therapeut-Patient-Beziehung, so dass es später möglich wird, verschiedene persönliche Themen in die Therapie einzubringen. Die therapeutische Beziehung ist in der Verhaltenstherapie ebenso wichtig wie bei anderen Psychotherapiemethoden. Die „Verhaltens“-Therapie wird durch die Übungen auch zu einer „Erlebens“-Therapie, wie der Angst- und Zwangsexperte Reinecker zu sagen pflegt.
Die meisten Patienten machen durch eine Konfrontationstherapie die bisher für unmöglich gehaltene Erfahrung, dass sie auch die größte körperliche Erregung ertragen können. Wiederholte Erlebnisse dieser Art bewirken eine kognitive Umstrukturierung: neue Erfahrungen führen zu neuen Einstellungen. In vielen Therapien sowie auch bei rein kognitiv orientierter Verhaltenstherapie läuft es umgekehrt: neue Sichtweisen sollen zu neuen Erfahrungen führen. Dies ist zwar oft der elegantere Weg, scheitert bei Angststörungen jedoch häufig an den unkontrollierbar erscheinenden körperlichen Symptomen und dem seit Jahren eingeschliffenen Vermeidungsverhalten.
Aufgrund ihrer relativ stabilen Persönlichkeitsstruktur gelingt es Agoraphobikern (ausgenommen verschiedene Personen mit sozialer Phobie) oft recht leicht, nach einem Angstbewältigungstraining weitere anstehende Probleme selbst zu lösen (z.B. partnerschaftliche, familiäre oder berufliche Probleme).
Menschen mit generalisierter Angststörung, schweren Zwangsstörungen und ängstlich-vermeidender Persönlichkeitsstörung benötigen dagegen aufgrund ihrer frühkindlichen Beeinträchtigungen bzw. schweren sozialen Defizite meistens eine längere Therapie. Psychoanalytiker sprechen hier von ich-stärkenden Maßnahmen und „Nachreifung“. Die Alternative „kurz-oberflächliche Verhaltenstherapie oder lang-tiefschürfende Psychoanalyse“ ist heutzutage überholt.
Agoraphobiker mit Panikattacken fürchten letztlich nicht verschiedene äußere Gegebenheiten, sondern ihre eigenen unkontrollierbaren körperlichen Reaktionen in diesen Situationen. Eine Konfrontationstherapie soll Angstpatienten helfen, ihre Symptome besser auszuhalten. Den Betroffenen kann es anfangs manchmal so vorkommen, als sollten sie in der Therapie dasselbe nochmals versuchen, das sie selbst schon oft erfolglos probiert haben, nämlich Angst und Panik mutiger zu ertragen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Frage: „Ich weiß, ich habe die Panikattacken bisher immer ausgehalten und überlebt, aber geht es nicht doch irgendwie ohne diese Attacken?“
Bei der Konfrontationstherapie geht es nicht darum, schnell etwas „wegzumachen“, sondern das Erlebte vorerst einmal besser annehmen und aushalten zu lernen, um über diese Erfahrungen einen besseren Zugang zu sich selbst zu erhalten. Dies entspricht gestalttherapeutischen Konzepten („awareness“, „experiencing“).
Oft reicht schon eine einmalige (zweistündige) Realitätstestung aus, um das weitere Vermeidungsverhalten zu beenden und den Betroffenen vor Augen zu führen, welche anderen Probleme vielleicht zum Vorschein kommen (berufliche oder partnerschaftliche Probleme, Konflikte zwischen Mutterschaft und Berufswunsch bei Frauen bzw. zwischen Autonomiewünschen der Ehefrau und Dominanzstreben des Gatten usw.). Wo dies der Fall ist, werden bereits durch eine kurze Konfrontationstherapie die „dahinter liegenden“ Probleme auch für den Patienten deutlich, ohne dass der Therapeut den Betroffenen des Widerstands gegen diese Erkenntnis beschuldigen muss.
Eine Konfrontationstherapie verhindert Depression und Dauerstress und kann nach Hand bei Phobikern als antidepressive Therapie angesehen werden. Agoraphobiker entwickeln oft als Folge der nicht bewältigbar erscheinenden, lebenseinengenden Ängste eine ausgeprägte Depression mit reduziertem Selbstwertgefühl. Beeindruckende Anfangserfolge durchbrechen die depressiv gefärbten Versagensängste, stärken das Selbstvertrauen und die Hoffnung auf einen erfolgreichen Therapieabschluss.
Viele Phobiker haben so starke Erwartungen des eigenen Versagens in phobischen Situationen, dass sie die ersten Erfolgserlebnisse bald entwerten durch die neuerliche Vorstellung möglicher Gefahren. Dies erfordert weitere Übungen, um die Erwartung von Erfolgserlebnissen aufzubauen.
In England wurden im Laufe der Zeit durch verschiedene Studien einige Konzepte der verhaltenstherapeutischen Angstbehandlung revidiert. Demnach schadet das Verlassen der Situation bei Angst dem Therapieerfolg ebenso wenig wie die Anwesenheit des Therapeuten nützt. Rachman, einer der Mitbegründer der Verhaltenstherapie, stellte ein zentrales Prinzip der traditionellen verhaltenstherapeutischen Angstbewältigung in Frage. Die Reaktionsverhinderung, d.h. das Prinzip, Angst machende Situationen zum Zeitpunkt größter Angst nicht zu verlassen, ist nach 1986 publizierten Forschungsergebnissen für den Therapieerfolg nicht unbedingt notwendig. Die Rachman-Gruppe stellte gleich hohe Therapieerfolge fest, wenn den Patienten erlaubt wurde, die phobischen Situationen zu verlassen, sobald sie ein hohes Angstniveau erreicht hatten.
Die Therapieerfolge nach dem Hamburger Konzept, das Flucht grundsätzlich „erlaubt“, scheinen diesen Befund indirekt zu bestätigen. Nach verschiedenen Autoren ist als gemeinsamer Nenner aller erfolgreichen Angstbehandlungen die Konfrontation mit den Angst machenden äußeren und inneren Reizen anzusehen, die zu einer kognitiven Neubewertung körperlicher Reaktionen und situativer Gegebenheiten führt.
Die Forderung, in der Angst machenden Situation unbedingt auszuharren und erst nach Abklingen der Angst den jeweiligen Aufenthaltsort zu verlassen, weist auf die lerntheoretischen Wurzeln der Konfrontationstherapie hin: durch das Vermeidungsverhalten erfolge keine ausreichende „Löschung“ des Angstverhaltens, weil dieses durch die erfolgreiche Aktion der Flucht immer wieder verstärkt werde. Dies trifft zwar oft zu, eine Verallgemeinerung ist daraus jedoch nicht ableitbar. Die Möglichkeit zur Flucht kann ein Gefühl der Souveränität vermitteln und das Aushalten der Angst erleichtern.
Das Team um Marks in London bestätigte im Rahmen einer großen Studie an 99 phobischen Patienten die Ergebnisse anderer Untersuchungen, dass sich die meisten Phobiker wesentlich verbessern durch systematische Selbstkonfrontation und wenig profitieren von zusätzlicher therapeutengeleiteter Exposition. Die in der klinischen Praxis oft anzutreffende Konfrontationstherapie in Begleitung eines Therapeuten scheint demnach unter dem Gesichtspunkt von Aufwand und Ertrag nicht erforderlich zu sein. Amerikanische Studien zur Behandlung von Panikattacken weisen ebenfalls darauf hin, dass ein reduzierter Therapeutenkontakt oft schon einen ausreichenden Therapieerfolg garantiert. Die Erkenntnisse der englischen und amerikanischen Studien haben zur Folge, dass der Stundenaufwand für Therapeuten bei Angstbehandlungen deutlich reduziert werden kann, weil das gemeinsame Üben in Alltagssituationen entfällt. Zumindest in günstigen Fällen können körperbezogene Übungen und Erfahrungen in Gegenwart des Therapeuten auf den Therapieraum begrenzt werden, ähnlich wie dies z.B. in der Gestalttherapie erfolgt.
Bei Konfrontationstherapien geht es nicht primär darum, die Patienten mit gefürchteten Situationen oder Orten zu konfrontieren, sondern mit den dabei auftretenden, als gefährlich und unkontrollierbar erlebten Symptomen. Wenn dies im Therapieraum durch bestimmte Provokationsübungen gelingt, wird das selbständige Aufsuchen der gefürchteten Situationen erleichtert. Sollte dies nicht möglich sein, werden genau jene Situationen aufgesucht, wo die gefürchteten körperlichen Zustände auftreten.
Bei einer Konfrontationstherapie geht es weniger um Bewältigungserfahrungen im Sinne von „Sie sehen, was Sie alles aushalten können“, als vielmehr darum, den Patienten im Rahmen einer verbesserten Selbstwahrnehmung zu zeigen, wie sie selbst den gefürchteten Angstkreislauf aufschaukeln.
Im Sinne eines zeitökonomischen Vorgehens sind keine stunden- oder tagelangen gemeinsamen Übungen erforderlich, um dem Patienten in jeder nur denkbaren Situation das Gefühl der Kontrolle zu vermitteln, sondern lediglich eine gezielte Auswahl von panikprovozierenden Situationen. Ohne Bereitschaft zum Erleben einer ausgeprägten Panikattacke sind Stadtübungen bei Agoraphobie mit Panikstörung wenig sinnvoll, weil aufgrund der Erwartungsängste kein ausreichender Generalisierungseffekt auftritt.
Die massierte Reizkonfrontation mit anschließender Reaktionsverhinderung (kein Verlassen der Angst machenden Situation, nicht durch Zwang, sondern durch eigene Entscheidung) sollte aus zeit- und geldökonomischen Gründen sowie aufgrund der Forschungsergebnisse das Mittel der Wahl bei Agoraphobie mit Panikattacken sein.
Im deutschen Sprachraum gibt es neben den verschiedenen psychosomatischen Fachkliniken verhaltenstherapeutischer Ausrichtung (z.B. Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee) und zahlreichen anderen Behandlungsstätten zwei große Zentren, an denen seit vielen Jahren Konfrontationstherapien bei zahlreichen Patienten durchgeführt und empirisch überprüft werden:
Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie in Münster, Marburg, Dresden und Braunschweig (Leiter der Stiftung: Prof. Wolfgang Fiegenbaum).
Verhaltenstherapie-Ambulanz der psychiatrischen Universitätsklinik in Hamburg (Ärztlicher Leiter: Prof. Iver Hand).
Daneben gibt es ein integratives Behandlungskonzept des Münchner Psychologie-Professors Willi Butollo, das die Expositionstherapie mit einer gestalttherapeutischen Gruppentherapie verbindet. Dabei steht das emotionale Erleben im Vordergrund.
Zur weiteren Effizienzsteigerung der
Angstbewältigungstherapie werden neben der kognitiven Therapie nach Beck immer
häufiger auch systemische (familien- und partnerbezogene) Sichtweisen
berücksichtigt, ein Trend, der in der Verhaltenstherapie ganz allgemein
festzustellen ist. Dies kann auf vier verschiedene Arten erfolgen:
Stärkere Berücksichtigung interaktioneller bzw. partnerschaftlicher Aspekte im Rahmen einer Einzeltherapie (wie bei einer systemisch orientierten Einzeltherapie).
Partnerunterstützte Einzeltherapie. Einbeziehung des Partners im Rahmen einer primär am Patienten ausgerichteten Therapie. Der Einsatz des „gesunden“ Partners als Kotherapeut ist dann unproduktiv, wenn dieser selbst an der Entstehung oder Eskalation der Angststörung beteiligt ist. Das Hamburger Team hat mit der Einbeziehung des Partners in das Selbsthilfeprogramm oft schlechte Erfahrungen gemacht.
Verhaltenstherapeutische Partnertherapie (Kommunikations- und Problemlösetraining) nach einer erfolgreichen Einzeltherapie (Konfrontationstherapie).
Partnertherapie anstelle einer Konfrontationstherapie oder als zusätzliche Behandlungskomponente. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung systemischer Sichtweisen innerhalb der Verhaltenstherapie erfolgt oft eine kombiniert verhaltenstherapeutisch-systemisch ausgerichtete Partnertherapie.
Bei der Behandlung von Menschen mit Angst- und Panikzuständen, die zu einer körperlichen Schonhaltung neigen, ist oft auch eine körperbezogene Therapie mit dem Ziel der physiologischen Aktivierung und Symptomprovokation angezeigt. Das traditionelle Erlernen von Entspannungstechniken (z.B. autogenes Training) zur Dämpfung von chronischer Anspannung ist zwar durchaus wichtig und wertvoll, dient bei dieser Patientengruppe jedoch zu sehr dem Zweck, jede Form von Anspannung wegen des angsterzeugenden Effekts wegentspannen zu wollen. Wenn die körperliche Ebene bei einer starken Somatisierung zur stellvertretenden Konfliktebene geworden ist, wird nicht nur durch Medikamente, sondern auch durch reine Entspannungstechniken keine Sensibilisierung dafür entwickelt, was wirklich körperlich so bedrängend ist.
Ein körperorientiertes Vorgehen war in der Verhaltenstherapie zu sehr auf spannungsmindernde Methoden bezogen oder sollte durch eine Konfrontationstherapie nur eine Habituation an die Angst machenden Reize bewirken. Zukünftig sind vermehrt Konzepte und Techniken zu berücksichtigen, die anderswo unter folgenden Bezeichnungen bekannt sind: körperorientierte Psychotherapie, Leibtherapie, Sporttherapie.
Körperliche Aktivierung und körperbezogene Erfahrungen dienen nicht nur im Sinne von Belastungstraining, Sport, Turnen, Langsamlauftherapie oder Schwimmtherapie dazu, chronische Verspannungszustände als Folge des ständigen ängstlichen Denkens abzureagieren oder körperliche Fitness anstelle der ausgeprägten hypochondrischen Schonhaltung aufzubauen, sondern haben vielmehr auch den Zweck, den Körper im buchstäblichsten Sinn als Ausdruck der Seele wahrnehmen zu lernen.
Psychotherapie als geplante Intervention zur Veränderung des Verhaltens, Erlebens und Denkens bedarf zukünftig auch im verhaltenstherapeutischen Setting stärker als bisher eines Verständnisses, das den Körper als Ort und Mittel für den Zugang zur Seele ernst nimmt.
25 Ratschläge sollen erfahrenen Psychotherapeuten aller Methoden die Durchführung einer Konfrontationstherapie bei Agoraphobie mit und ohne Panikstörung ermöglichen. Potentielle Verhaltenstherapiepatienten werden durch diese Darstellung informiert, auf welche Behandlungsprinzipien ein Verhaltenstherapeut achtet bzw. achten sollte.
Führen Sie eine detaillierte Motivations-, Bedingungs-, Verhaltens- und Funktionsanalyse des Angstverhaltens durch, bevor Sie aktionsorientiert vorgehen. Lassen Sie sich auf keinen blinden Aktionismus ein. Eine Konfrontationstherapie erfordert stets die Einbettung in eine therapeutische Gesamtstrategie.
Klären Sie alle Kontraindikationen ab (Psychose in der Anamnese, gegenwärtig primäre Depression, Herzerkrankung, Epilepsie, Entzugssymptomatik, aktuell notwendige, hohe medikamentöse Dosierung). Vermeiden Sie auf diese Weise gefährliche Situationen (z.B. Provokation eines Herzanfalls, epileptischen oder psychogenen Anfalls, Durchbruch psychotischer Ängste, Risiken bei Borderline-Störung, depressiver Zusammenbruch, verstärkte Angstabwehr durch Zwangssymptome, Misserfolgserlebnis bzw. noch mehr Angst bei geringer Übungsmotivation).
Achten Sie genau auf das Ausmaß der Eigen- bzw. Fremdmotivation für eine Konfrontationstherapie. Will der Betroffene seine Störung wegen sich oder primär wegen des ständigen Drängens anderer (z.B. Kritik des Partners) loswerden?
Verschaffen Sie sich einen Überblick darüber, welche anderen Probleme und Störungen neben der Angstsymptomatik noch gegeben sind. Sind die Angstsymptome die primäre Störung oder die sekundäre Folge anderer Störungen (z.B. Depression, Erschöpfungszustände, Alkoholmissbrauch usw.)?
Finden Sie heraus, wie die Angststörung entstanden ist, und durch welche Bedingungen sie gegenwärtig aufrechterhalten wird. Achten Sie anfangs nur darauf, wie Sie die aktuellen, problemerhaltenden Bedingungen unterbrechen können.
Beurteilen Sie, wie sehr die Ängste Ausdruck einer Hemmung und Vermeidungshaltung bzw. Ausdruck mangelnder sozialer Kompetenz sind.
Nehmen Sie eine Abgrenzung zwischen intraindividuellen und interaktionellen Funktionen der Angstsymptome vor. Wenn Sie eine Konfrontationstherapie im Rahmen einer Individualtherapie durchführen, sollten Sie die möglichen Auswirkungen auf die Partner- und Familiensituation beachten und thematisieren.
Sprechen Sie (wenn möglich) mit dem Partner bzw. der Bezugsperson des Betroffenen über die Konsequenzen einer schnellen Symptomreduktion für die Partnerschaft. Welche Auswirkungen hätte die plötzliche Angstfreiheit auf die Partnerschaft? Der Partner ist auf eine rasche Änderung oft nicht vorbereitet, so dass eventuell Partnerschaftsprobleme resultieren könnten, die durch rechtzeitige Vorbeugung zumindest gemildert werden könnten. Oft kann der „gesunde“ Partner mit der plötzlichen Symptomfreiheit nicht umgehen.
Erklären Sie den Patienten vor Übungsbeginn das Konzept von Angst und ihrer Reduktion. Die Entwicklung eines adäquaten Gesundheitsmodells im Sinne des Wissens darum, wie man gesund wird, beschleunigt und stabilisiert Erfolge, die oft falschen Erklärungskonzepte der Patienten für ihre psychovegetativen Symptome verstärken die Ängste (Herzinfarkt, „Nervenzusammenbruch“, Verrücktwerden).
Achten Sie darauf, dass Psychopharmaka nur allmählich abgesetzt („ausgeschlichen“) werden. Der plötzliche Verzicht auf Tranquilizer und Antidepressiva kann zu Panikattacken führen. Benzodiazepine sollten wenigstens 2 Wochen vor Beginn der Konfrontationstherapie abgesetzt werden, weil sonst die Erfolge den Medikamenten zugeschrieben werden und die eigene Leistung geschmälert wird (diese Behauptung ist neuerdings umstritten und empirisch nicht ausreichend abgesichert, so dass auch eine Kombinationstherapie möglich ist). Antidepressiva können bei entsprechender Indikation weiter eingenommen werden. Nach verschiedenen Studien bringt die Kombination von Verhaltenstherapie und Pharmakotherapie (mit bestimmten angstdämpfenden Antidepressiva wie den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern) bei schweren Angststörungen die raschesten Erfolge.
Verwenden Sie für die Beschreibung des Ausmaßes der Angst eine Angst-Skala (von 0-10), um ein einfaches Veränderungsmaß zu haben, das ohne lange Erklärungen eine rasche Therapeut-Patient-Kommunikation über die aktuelle Befindlichkeit ermöglicht.
Begleiten Sie den Patienten in die angstbesetzte Situation und unterstützen Sie ihn bei der Konfrontation mit den wichtigsten angstauslösenden Situationen, entweder gestuft (üben Sie von leichten bis schweren Situationen) oder massiert (beginnen Sie mit den am meisten Angst machenden Situationen). Ermutigen Sie den Patienten, möglichst die massierte Vorgangsweise zu wählen. Wenn der Patient die Konfrontationstherapie ohne Ihre Anwesenheit durchführt, empfehlen Sie ihm ein gutes Selbsthilfebuch (z.B. das Buch „Platzangst“ von Mathews, Gelder und Johnston, das Hand und Fisser-Wilke für den deutschen Sprachraum adaptiert haben).
Bauen Sie durch Ihre wohlwollende Unterstützung die Motivation des Patienten ständig immer weiter auf. Sie verhindern dadurch eine manchmal auftretende Resignationsneigung.
Verstärken Sie das Verbleiben in der angstbesetzten Situation, bis die Angst deutlich abgenommen hat. Ein Verlassen der Angstsituation zum Zeitpunkt der größten psychovegetativen Erregung führt dazu, dass der Misserfolg am Abschluss der Übung emotional stärker erinnert wird als der anfängliche Erfolg, was zur Folge hat, dass entsprechende Angst machende Situationen zukünftig immer weniger aufgesucht werden.
Wenn ein Meidungsverhalten auftritt, schlagen Sie dem Patienten etwas später, d.h. noch im Rahmen desselben Übungstages, das Wiederaufsuchen der gemiedenen Situation vor.
Die Entscheidung zum (Wieder-)Aufsuchen oder Verlassen einer Situation verbleibt immer beim Patienten. Schränken Sie den Patienten keinesfalls durch einen entmündigenden Therapievertrag ein und üben Sie keinen Zwang zum Durchhalten aus. Der Patient ist für sein Leben und Verhalten selbst verantwortlich. Vor einem vom Patienten gewünschten Abbruch der Übung diskutieren Sie mit ihm über die Folgen seines Verhaltens, um ihn dadurch vielleicht zum Durchhalten ermutigen zu können.
Wiederholen Sie auch bereits gemeisterte leichtere Situationen, um das Erfolgserleben des Patienten zu verstärken. Dies gilt insbesondere auch angesichts von mit großem Energieaufwand geschafften schwierigeren Übungen, die erste Selbstzweifel des Patienten über den Gesamterfolg der Therapie bewirkt haben.
Überprüfen Sie den Erfolg jeder Sitzung und diskutieren Sie Fortschritte und Konsequenzen des neuen Verhaltens.
Vereinbaren Sie zwischen den Therapieterminen Übungsaufgaben, die der Patient allein erledigt, und ermutigen Sie den Patienten zum tägliches Üben.
Ziehen Sie sich im Laufe der Sitzungen zunehmend zurück und lassen Sie den Patienten das Konzept selbst anwenden. Der Patient soll die Begegnung mit den gefürchteten Situationen möglichst viel allein üben bzw. mit Unterstützung durch einen Partner, eine andere Bezugsperson oder einen anderen Angstpatienten.
Vereinbaren Sie nach der Kurzzeittherapie Auffrischungssitzungen zusammen mit Ihnen. Halten Sie den Termin auch dann ein, wenn es dem Patienten gut geht.
Betonen Sie die Notwendigkeit regelmäßigen Übens für den langfristigen Erfolg.
Verweisen Sie auf die
Möglichkeit von zwischenzeitlichen Rückschritten und die Chance, daraus zu
lernen. Was wurde bisher vielleicht übersehen?
Akzeptieren Sie es, wenn der
Patient nach reiflicher Überlegung und mehrfachem Üben erklärt, dass er
zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestimmte Ängste nicht ändern kann
oder will. Der Patient ist für sein Leben selbst verantwortlich und hat ein
Recht darauf, so sein zu dürfen, wie er ist. Vielleicht braucht er jedoch
Ihre Hilfe, sich mit seinen Ängsten besser annehmen zu lernen, ohne ständig
das Ziel eines möglichst angstfreien Lebens vor Augen zu haben. Die
Einstellung „Ich darf Angst haben“ bzw. „Ich bin auch trotz meiner Ängste
ein liebenswerter Mensch“ kann bereits neue Verhaltensmöglichkeiten
eröffnen.
Greifen Sie nach der
Konfrontationstherapie bei Bedarf die dem Patienten bewusst gewordenen
Themen und Problembereiche auf (z.B. Verlustängste, Todesängste, Angst vor
Eigenständigkeit, Umgang mit Gefühlen, mangelndes Vertrauen in sich und
andere, Partner- und Familienkonflikte). Bieten Sie eine
„Hintergrundsarbeit“ an, drängen Sie diese dem Patienten jedoch nicht auf.
Selbsthilfe Angstbewältigungstraining
Systematische
Desensibilisierung
Bei Experten gilt das ursprüngliche Modell der systematischen Desensibilisierung, d.h. die Angstbewältigung in der Vorstellung unter angstdämpfender Entspannung, als überholte, weil zu langsame und nur unzureichend wirksame Strategie, verglichen mit den Methoden der Konfrontationstherapie. Es handelt sich um eine Vorgangsweise nach dem Motto „Wasch’ mich, aber mach’ mich nicht nass!“ Wenn Sie gute Gründe haben, warum Sie unbedingt die Technik der systematischen Desensibilisierung einsetzen möchten, die früher als die Methode der Angstbewältigung in der Verhaltenstherapie galt, können Ihnen die folgenden Hinweise dienlich sein:
Erstellen Sie in Zusammenhang mit Ihrer Phobie (z.B. Hundephobie, Flugphobie, Sexualphobie, Sozialphobie) eine Liste von ganz konkreten Situationen rund um das phobische Objekt oder Ereignis. Die Angstsituationen müssen so klar und präzise sein, dass sie ähnlich beobachtbar sind wie eine vorgestellte Filmszene.
Erstellen Sie eine Angsthierarchie, d.h. reihen Sie diese Situationen nach dem Ausmaß des angenommenen Angsterlebens, indem Sie Punktewerte von 0-100 als subjektive Belastungswerte vergeben. Eine Angsthierarchie sollte mindestens 10 Situationen umfassen, und zwar möglichst für jede Zehnerstufe eine Vorstellungsübung.
Entspannen Sie sich mit Hilfe einer Methode, die Sie gut beherrschen (autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Atemtechniken, Meditation, Selbsthypnose) und beschleunigen Sie die Entspannung durch ein bestimmtes Ruhebild (z.B. angenehme Urlaubsszene, warme Badewanne, aufbauendes Erfolgserlebnis).
Stellen Sie sich unter Entspannungsbedingungen die leichteste Situation in Bezug auf das phobische Objekt oder Ereignis möglichst plastisch vor, und zwar mindestens 30 Sekunden lang. Lassen Sie die Situation zuerst als Betrachter von außen auf sich wirken (wie bei einem Videofilm) und versetzen Sie sich dann in die Szene, wie wenn Sie das Ereignis gerade real erleben würden, indem Sie eine Vergegenwärtigung auf allen Sinneskanälen anstreben. Entspannen Sie sich dann verstärkt und kehren Sie zu Ihrem angenehmen Ruhebild zurück. Anschließend setzen Sie sich auf diese Weise derselben Vorstellung noch zweimal aus, so dass Sie ein sicheres Bewältigungserlebnis haben.
Wenn Sie sich die entsprechende Situation angstfrei bzw. bei erträglicher Angst vorstellen können, gehen Sie jeweils zur nächsten Situation in Ihrer Angsthierarchie weiter, bis Sie schließlich die schwierigsten Situationen zumindest in der Vorstellung aushalten können.
Bei aufkommender Angst konzentrieren Sie sich auf die langsame Ausatmung. Solange Sie ausatmen, können Sie sich nicht reflexhaft anspannen. Wenn die Angst dennoch zu groß wird, lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit von der Angstsituation verstärkt auf das Ruhebild, um die Entspannung sicherzustellen. Von der Ruheszene aus wenden Sie sich dann anfangs der zuletzt bewältigten Vorstellung zu, bevor Sie die schwierigere Situation erneut angehen.
Die gesamte Übung sollte nicht länger als 30 Minuten dauern, damit Sie sich nicht überfordern.
Aufgrund der Übungen kann eine Umstellung der Angsthierarchie erforderlich sein, weil einige Situationen leichter oder schwieriger sind als angenommen.
Wenn Sie die leichteren Angstsituationen in der Vorstellung gut ertragen können, sollten Sie diese Situationen in der Realität aushalten lernen nach dem Modell der gestuften Angstbewältigung. Auch hier können Sie durch Entspannungstechniken die jeweiligen Situationen erträglicher gestalten.
Konfrontationstherapie
Stellen Sie sich allen Angstsituationen, ohne auszuweichen! Wenn Sie Angst machenden Situationen ausweichen, wird Ihre Angst für die Zukunft fixiert, Ihr Selbstvertrauen reduziert, Ihr Bewegungsspielraum eingeengt und Ihre Abhängigkeit von anderen Menschen bzw. von Medikamenten verstärkt. Verzichten Sie auf das irreale Ziel eines angstfreien Lebens und nehmen Sie sich vor, alles trotz Ihrer Ängste anzugehen, was Ihnen wichtig erscheint. Es ist verständlich, dass Sie nach Ihren Gefühlen handeln wollen. Bei Angstzuständen werden Sie dadurch jedoch ebenso zum Sklaven Ihrer momentanen Gefühle wie bei Depressionen, die gerade darin bestehen, dass Sie sich aus Lustlosigkeit zu nichts aufraffen können, was Sie früher im Leben gerne getan haben. Bei der verhaltenstherapeutisch orientierten Depressionsbehandlung lautet das Motto: Aktivität verbessert die Stimmung. Dasselbe gilt bei der Behandlung der Agoraphobie.
Das beste Agoraphobie-Selbsthilfebuch „Platzangst“, von Mathews, Gelder und Johnston in London erstellt und von Hand und Fisser-Wilke in Hamburg übersetzt und als erfolgreich überprüft, enthält 10 Regeln zur Bewältigung von Angst und Panik:
Denken Sie
immer daran, dass Ihre Angstgefühle und die dabei auftretenden körperlichen
Symptome nichts anderes sind als eine „Übersteigerung“ der normalen
Körperreaktion in einer Stresssituation.
Solche
Gefühle und Körperreaktionen sind zwar sehr unangenehm, aber weder
gefährlich, noch in irgendeiner Weise schädlich. Nichts Schlimmes wird
geschehen!
Steigern
Sie sich in Angstsituationen nicht selbst durch Gedanken wie: „Was wird
geschehen“ und „Wohin kann das führen“ in noch größere Ängste hinein.
Konzentrieren Sie sich nur auf das, was um Sie herum und mit Ihrem Körper
wirklich geschieht - nicht auf das, was in Ihrer Vorstellung noch alles
geschehen könnte.
Warten Sie
ab und geben Sie der Angst Zeit, vorüberzugehen. Bekämpfen Sie Ihre Angst
nicht! Laufen Sie nicht davon! Akzeptieren Sie die Angst.
Beobachten Sie, wie die Angst von selbst
wieder abnimmt, wenn Sie aufhören, sich in Ihre Gedanken (Angst vor der
Angst) weiter hineinzusteigern.
Denken Sie
daran, dass es beim Üben nur darauf ankommt zu lernen, mit der Angst
umzugehen - nicht, sie zu vermeiden. Nur so geben Sie sich selbst eine
Chance, Fortschritte zu machen.
Halten Sie
sich innere Ziele vor Augen, welche Fortschritte Sie schon - trotz aller
Schwierigkeiten - gemacht haben. Denken Sie daran, wie zufrieden Sie sein
werden, wenn Sie auch dieses Mal Erfolg haben.
Wenn Sie
sich besser fühlen, schauen Sie sich um und planen Sie den nächsten Schritt.
Wenn Sie sich
in der Lage fühlen weiterzumachen, dann versuchen Sie, ruhig und gelassen in
die nächste Übung zu gehen.
Die Autoren empfehlen folgende Selbstinstruktionen in Angstsituationen:
Meine
Angstgefühle und die dabei auftretenden körperlichen Symptome sind
verstärkte normale Stressreaktionen.
Ich bin und
bleibe körperlich gesund trotz der Angstreaktionen.
Ich
schwäche meine Angstreaktionen, wenn ich an etwas anderes denke.
Ich bleibe trotz Panikgefühlen in der
Realität. Ich beobachte und beschreibe, was ich momentan wirklich erlebe.
Ich warte
in der Situation, bis die Angst vorübergeht.
Ich beobachte, wann und wie die Angst von
alleine wieder abnimmt.
Ich gebe
mir eine Chance, einen Fortschritt zu machen und stelle mich jeder
Angstsituation ohne Vermeidung.
Ich führe
jede Übung bis zum Abschluss durch.
Ich kann
stolz sein auf meine bisherigen Bemühungen und Erfolge, auch die kleinsten.
Ich nehme mir
Zeit für die Übungen.
Die verhaltenstherapeutisch orientierte Angstbehandlung beruht auf einem einfachen Grundsatz: Angstbewältigung kann nur erfolgen über ein Durchleben und Aushaltenlernen von Angst. „Das Wesentliche im Umgang mit der Angst besteht darin, mit ihr mitzugehen, bis der Sturm vorüber ist“ (Marks). Eine Panikattacke ist vergleichbar einer Meereswelle, die einen überflutet. Es ist besser, mit der Welle mitzuschwimmen, als gegen sie anzuschwimmen. Wenn Sie Ihre Angst unterdrücken oder stoppen wollen anstatt sie zu akzeptieren und anzunehmen, bleiben Sie unnötig lange angespannt. Der ständige Kampf gegen die Angst kostet enorm viel Kraft und führt zu chronischer Erschöpfung. Lassen Sie Ihre Angst daher zu wie Ihre Tränen in Phasen der Trauer.
Wenn Ihre Angst bei einer Konfrontationstherapie nach spätestens einer halben Stunde nicht abklingt, ist dies oft dadurch bedingt, dass Sie gegen das Auftreten einer Panikattacke ständig aktiv ankämpfen. Eine Konfrontationstherapie ist dann am wirksamsten, wenn Sie bewusst gerade jene Situationen aufsuchen, die zu einer Panikattacke führen können. Ihr unerschrockenes Verhalten wird Ihnen zeigen, dass es gar nicht so leicht ist, eine Panikattacke zu provozieren, wenn Sie bereit sind, diese voll zuzulassen.
Verzichten Sie in Angstsituationen von sich aus auf jede Fluchtmöglichkeit und bestärken Sie sich darin immer wieder („Ich halte durch, was auch immer passiert!“), denn jeder Fluchtgedanke („Nichts wie weg!“) führt zu einer körperlichen Aktivierung.
In allen Angstsituationen tritt letztlich die Angst vor den eigenen unkontrollierbaren Körperreaktionen auf, die zu ertragen gelernt wird. Je mehr Sie sich in Angst machenden Situationen auf sich selbst verlassen lernen und auf niemand anderen (keinen Angehörigen oder anderen Helfer) und auch auf nichts anderes (kein Medikament oder anderes Hilfsmittel), um so schneller werden Sie Ihre Angst in den Griff bekommen.
Lassen Sie sich am besten täglich auf eine Konfrontation mit der Angst ein, indem Sie sich in angstbesetzte Situationen begeben und so lange darin bleiben, bis Ihre Angst sinkt oder überhaupt verschwindet. Ihre anfängliche Angst bewirkt zuerst durch eine Adrenalinausschüttung eine Alarmreaktion Ihres Körpers, die nach 3-5 Minuten nachlässt, weil Sie sich an die Situation gewöhnt haben. Die weiteren Zustände Ihres Körpers sind leichter erträglich, wenn Sie nur die ersten 5 Minuten durchgehalten haben. Verlassen Sie die Situation jedoch erst dann, wenn keine Angstreaktion Sie dazu treibt. Dieses Vorgehen stärkt rasch Ihr Selbstvertrauen. Es ist nicht das Ziel, keine Angst mehr zu haben, sondern die Angst besser aushalten zu lernen.
Die Konfrontation mit der Angst kann auf zweifache Weise erfolgen:
Gestufte Reizkonfrontation: in kleinen Schritten werden immer schwierigere Aufgaben bewältigt.
Massierte Reizkonfrontation (Reizüberflutung): es werden gleich zu Beginn die größten Ängste provoziert, durchlebt und ausgehalten.
Gestufte bzw. massierte Reizkonfrontation mit „Reaktionsverhinderung“ (Ausharren in den Angst machenden Situationen und regelmäßiges Durchleben der jeweiligen Angstreaktionen ohne Unterstützung durch Entspannungstechniken oder Medikamente) führt zu einer raschen und dauerhaften Beseitigung der lebenseinengenden Ängste.
Agoraphobiepatienten mit Panikstörung sollten zu einer Kontrollverlust-Erfahrung im Sinne einer Panikprovokation bereit sein, um besser mit ihrer Angst vor einer neuerlichen Panikattacke umgehen zu lernen. Die Angst vor einer Panikattacke ist meistens die Ursache der Entscheidung für eine gestufte Angstbewältigung. Wenn Sie zu jenen Menschen gehören, die früher selbstbewusst und ohne Zögern überall hin gehen bzw. fahren konnten und auch keinerlei Angst vor dem Alleinsein hatten, haben Sie Ihren Aktionsradius ziemlich sicher als Reaktion auf eine Panikattacke eingeschränkt. Ein gestuftes Angstbewältigungstraining stellt für Sie keine wirklich neue Erfahrung dar, denn die dabei zu erlernenden Fähigkeiten haben Sie früher schon oft genug bewiesen. Verhalten Sie sich wie vor der ersten Panikattacke, denn es kann Ihnen nichts passieren.
Es erfolgt ein schrittweises Vorgehen von leichteren zu schwierigeren Situationen, um langsam Selbstvertrauen aufzubauen. Spontan wird dieses Vorgehen von den meisten Betroffenen gewünscht, auch wenn sie oft nur langsam vorankommen und den nächstschwierigeren Aufgabenstellungen vielleicht mit Erwartungsängsten entgegenblicken.
Erstellung von Angsthierarchien
Erstellen Sie eine Liste Ihrer Ängste und reihen Sie diese nach dem Grad ihrer Bedrohlichkeit (Bewertung von 0-100). Nach der Erstellung einer Angsthierarchie werden die Ängste nach steigendem Schwierigkeitsgrad zu bewältigen versucht.
Man unterscheidet zwei Arten von Angsthierarchien (Auflistung der Ängste nach dem Schwierigkeitsgrad):
Annäherungshierarchien. Das Angstausmaß wird durch das Ausmaß der zeitlichen oder räumlichen Nähe zu bestimmten Dingen oder Situationen bestimmt. Die Angst steigt, je näher man einem gefürchteten Reiz kommt, und sinkt, je größer der Abstand ist.
Objekthierarchien. Die Ängste werden als unterschiedliches Ausmaß an Ängsten vor bestimmten Gegenständen, Lebewesen oder Situationen bestimmt. Vor bestimmten Objekten besteht eine größere Angst als vor anderen. Objekthierarchien sind sinnvoll, um die unterschiedlichen Angstsituationen nach dem Ausmaß ihrer Bedrohlichkeit darzustellen.
Bei der
gestuften Reizkonfrontation sind folgende Punkte zu beachten:
Legen Sie klare und konkrete Übungsziele auf einer Liste fest und reihen Sie diese der Schwierigkeit nach. Die Beschreibungen müssen so exakt sein, dass bei den Übungen Missverständnisse ausgeschlossen sind.
Gehen Sie schrittweise vor, indem Sie mit den leichtesten Übungen beginnen. Auf diese Weise sichern Sie sich Erfolgserlebnisse, die Ihnen Mut und Zuversicht zum weiteren Üben geben. Ein gewisses ertragbares Ausmaß an Angst ist notwendig, um angstmachende Situationen bewältigen zu lernen.
Wiederholen Sie die einzelnen Übungen regelmäßig mit ansteigender Schwierigkeit, um Ihre Erfolge zu sichern und auszubauen. Wiederholen Sie die einzelnen Übungen zur Stärkung Ihres Selbstvertrauens bis zu 3 mal täglich und steigern Sie den Schwierigkeitsgrad. Rechnen Sie damit, dass Sie gute und schlechte Tage haben und Ihnen die Übungen einmal leichter und einmal schwerer fallen werden.
Üben Sie in den nächsten Wochen so oft als möglich täglich mindestens 2-5 Stunden lang. Regelmäßiges Üben schafft rasch neue Gewohnheiten, während gelegentliches Üben stets neue Aufregung verursacht. Je öfter Sie etwas tun, um so selbstverständlicher wird es.
Machen Sie „Zwischenübungen“ als Brücken zu schwierigeren Übungszielen. Wenn Sie einmal keine Fortschritte machen sollten, weil die Ziele zu hoch waren, wählen Sie Zwischenziele, um doch Erfolgserlebnisse zu haben.
Wenn Sie aus Angst eine Situation verlassen haben, führen Sie dieselbe Übung noch am gleichen Tag erfolgreich durch. Auf diese Weise überwinden Sie Misserfolgserlebnisse.
Bei übermäßiger Angst entfernen Sie sich nur ein kleines Stück vom angstbesetzten Ort. Vermeiden Sie jede Flucht, kehren Sie dann wieder in die Situation zurück, wenn Sie sich etwas erholt haben.
Verlassen Sie die angstauslösende Situation erst dann, wenn Ihre Angst auf ein erträgliches Ausmaß gesunken ist. Verwenden Sie eine Angstskala von 0 (keine Angst) bis 10 (unerträgliche Angst) als „Angstthermometer“. Verwenden Sie diese Skala auch außerhalb der Übungssituation (z.B. vor Beginn der Übung). Es ist nicht das Ziel, keine Angst mehr zu haben, sondern dass die Angst erträglich wird (z.B. Stufe 2 oder 3).
Üben Sie auch an „schlechten Tagen“, dann vielleicht etwas weniger lang. Stimmungsschwankungen sind normal. Führen Sie Ihr Trainingsprogramm unabhängig von Ihrer Befindlichkeit durch. Sie brauchen die Erfahrung, dass Sie Ihre Ängste auch dann bewältigen können, wenn diese nach vorübergehender Besserung in einem Stimmungstief wieder vermehrt auftreten sollten. Für die Übungen müssen Sie also nicht topfit sein.
Üben Sie schwierigere Situationen zuerst zusammen mit einem Angehörigen oder einer Vertrauensperson. Wenn möglich, schließen Sie sich mit einer anderen, ebenfalls agoraphobischen Person zusammen oder trainieren Sie die Angstbewältigung im Rahmen einer Selbsthilfegruppe. Bewältigungserfahrungen zusammen mit anderen stärken Ihr Selbstvertrauen. Betrachten Sie jede aufgesuchte Situation jedoch erst dann als bewältigt, wenn Sie sich dieser auch allein auszusetzen wagen.
Rechnen Sie mit Rückschlägen, ohne dass Sie sich davor fürchten, und nutzen Sie diese als Chance, etwas daraus zu lernen. Die stärksten Rückschläge erfolgen oft aus einer Panikattacke heraus. In diesem Fall sollten Sie erkennen, dass eine gestufte Angstbewältigung allein unzureichend ist, weil Sie dabei nicht lernen, mit extrem starken Ängsten umzugehen, wie diese bei Panikattacken auftreten. Anstelle der Methode „Wasch’ mich, aber mach’ mich nicht nass“ sollten Sie direkt in das „kalte Wasser“ der Angst springen und eine massierte Reizkonfrontation allein, mit Hilfe einer vertrauten Person oder eines Psychotherapeuten beginnen. In diesem Fall lernen Sie, Ihre stärksten Ängste zu provozieren und damit umzugehen.
Nehmen Sie weder vor der Übung Beruhigungsmittel ein noch führen Sie diese während der Übungen mit sich, auch wenn Sie vorhaben, keine einzunehmen. Lernen Sie von Beginn an, sich ausschließlich auf sich selbst zu verlassen und nicht auf Beruhigungsmittel, die Sie wie einen Talisman mit sich führen. Sie schaffen damit die Voraussetzungen, dass Sie alle erreichten Erfolge sich selbst und nicht den Tabletten zuschreiben.
Wenn Sie derzeit Beruhigungsmittel nehmen, setzen Sie diese in Absprache mit Ihrem Arzt langsam ab, bevor Sie mit den Übungen beginnen. Eine Woche vor Beginn der Übungen sollten Sie frei von Beruhigungsmitteln sein. Wenn Sie sich gegenwärtig dazu nicht in der Lage fühlen, sollten Sie wenigstens alle Übungsaufgaben inklusive der schwierigsten mit Hilfe der Beruhigungsmittel bewältigen können, ohne dass Sie diese wegen der Übungen in verstärktem Ausmaß einnehmen. Anderenfalls geben Sie letztlich zu, dass Sie sich nicht einmal unter dem Schutz Ihrer Tabletten in Angst machende Situationen zu begeben wagen.
Wenn Sie derzeit angstdämpfende Antidepressiva einnehmen, insbesondere solche, die nachweislich gegen Panikattacken wirken (z.B. Seroxat®), setzen Sie die Einnahme in der verordneten Weise fort, weil deren Wirksamkeit eine mehrmonatige kontinuierliche Einnahme erfordert. Wenn Sie zur mittelfristigen Unterstützung auf Anraten des Arztes diese Medikamente einnehmen sollen, beginnen Sie damit nicht gerade am Anfang der Konfrontationstherapie, zumindest nicht sofort mit der Zieldosis (z.B. 40 mg bei Seroxat®), sondern mit einer niedrigeren Dosis, d.h. nehmen Sie diese Medikamente in Absprache mit dem Arzt „einschleichend“ in wöchentlich steigender Dosis bis zur Zieldosis, weil auch diese Medikamente in den ersten zwei Wochen Nebenwirkungen haben können, wenngleich wesentlich geringere als andere Antidepressiva. Sie könnten die Nebenwirkungen anderenfalls leicht als Angstsymptome im Rahmen Ihres Übungsprogramms interpretieren und wären dann gefährdet, Ihr Angstbewältigungstraining einzustellen.
Achten Sie schon von Beginn Ihres Angstbewältigungstrainings an darauf, dass Sie nicht so sehr gegen Ihre Ängste kämpfen, sondern vielmehr für Ihre Freiheit, tun und lassen zu können, was Sie wollen, d.h. üben Sie nicht nur das Aushalten unangenehmer Situationen, die auch weniger ängstliche Menschen ungern erleben, sondern unternehmen Sie viele Dinge, die Sie eigentlich gerne tun möchten. Dies stärkt Ihre Motivation zum Durchhalten. Vergegenwärtigen Sie sich, was Sie früher gerne getan haben, und malen Sie sich in der Phantasie möglichst plastisch aus, wie Sie jene Situationen aufsuchen können, deren Bewältigung Sie in der nächsten Zeit erst noch üben müssen.
Die folgenden Übungsvorschläge sollen eine Anregung darstellen, Ihre Ängste im Sinne einer Objekthierarchie darzustellen. Die einzelnen Aufgabenstellungen können Sie dann im Sinne einer Annäherungshierarchie je nach Bedarf leichter bzw. schwieriger gestalten. Führen Sie alle Übungen allein durch, um Ihr Selbstvertrauen zu stärken.
Gehen Sie mindestens 20 Minuten in einem Supermarkt umher.
Stellen Sie sich bei der Kasse in einer Schlange mit mindestens 10 Leuten an.
Schauen Sie 15 Minuten lang in einem Kleidergeschäft die neue Mode an.
Probieren Sie in Geschäften Kleider oder Schuhe, ohne etwas zu kaufen.
Bleiben Sie eine halbe Stunde lang in einem Lokal oder Café in der Mitte sitzen.
Nehmen Sie ein Menü in einem überfüllten Restaurant ein.
Gehen Sie in ein Konzert, Theater, Kino oder in einen Gottesdienst und bleiben Sie bis zum Ende.
Setzen Sie sich im Kino oder bei einer Veranstaltung in die Mitte einer Reihe.
Leisten Sie sich beim Friseur einen zeitaufwendigen Haarschnitt.
Gehen Sie zum Zahnarzt, wenn Sie dies schon lange nicht mehr getan haben.
Besuchen Sie eine Sportveranstaltung oder Freiluftveranstaltung mit vielen Zuschauern.
Besuchen Sie einen Jahrmarkt oder Unterhaltungspark mit vielen Leuten.
Fahren Sie auf dem Rummelplatz mit bisher stets gemiedenen Fahrzeugen (z.B. mit dem Riesenrad oder der Hochschaubahn).
Gehen Sie für mindestens eine Stunde in ein überfülltes Hallenbad bzw. Freiluftbad.
Gehen Sie für mindestens eine Stunde in eine öffentliche Sauna.
Gehen Sie in einem Krankenhaus mindestens eine Stunde lang durch alle möglichen Stationen.
Fahren Sie mit der Straßenbahn eine halbe Stunde sitzend in einem Viererabteil.
Fahren Sie mindestens eine halbe Stunde lang stehend in einem Bus.
Fahren Sie eine Stunde lang in der Stoßzeit mit einem öffentlichen Verkehrsmittel.
Gehen Sie in einer überfüllten Straßenbahn von einem Ende bis zum anderen durch.
Machen Sie mit dem Postbus einen Tagesausflug zu einem Ort, an dem Sie noch nie waren.
Fahren Sie mit dem Auto auf der Autobahn mindestens 100 km in einer Richtung.
Fahren Sie mit einem Schnellzug mindestens 200 km.
Besuchen Sie mindestens 100 km entfernte Verwandte oder Bekannte.
Fahren Sie mit einem Schiff oder Boot über einen See bzw. machen Sie eine Seerundfahrt.
Fahren Sie mit einer Seilbahn bis zur Endstation hinauf.
Fahren Sie mit dem Auto durch einen längeren Tunnel.
Fahren Sie in einem Hochhaus 3 mal mit dem Lift auf und ab, ohne auszusteigen.
Machen Sie beim nächsten Flughafen einen mindestens halbstündigen Rundflug.
Gehen Sie durch einen langen düsteren Gang.
Nehmen Sie an einer unterirdischen Führung teil (Bergwerk, Katakomben).
Besteigen Sie einen Turm (z.B. den Dom oder Fernsehturm einer größeren Stadt).
Gehen Sie eine offene Wendeltreppe (z.B. einen Notausgang) hinauf und wieder hinunter.
Schauen Sie von einem mindestens 6 Stockwerke hohen Haus bei offenem Fenster hinunter.
Gehen Sie über eine gefürchtete Brücke und schauen Sie in der Mitte auf den Fluss hinunter.
Gehen Sie mindestens eine Stunde lang durch einen Wald.
Gehen Sie Blutspenden bei einer öffentlichen Blutsammelstelle.
Machen Sie einen dreistündigen Stadtbummel ohne Mitnahme von Beruhigungsmitteln.
Fragen Sie Leute auf der Straße nach der Zeit, nach einem Weg oder um Wechselgeld.
Gehen Sie bei Nacht mindestens eine halbe Stunde lang in einer belebten Straße spazieren.
Verreisen Sie über Nacht in eine Stadt, in der Sie noch nie waren, ohne jemand zu informieren, wo Sie sind, und übernachten Sie dort allein in einem Hotel.
Übernachten Sie in einer voll belegten Jugendherberge.
Bleiben Sie eine bestimmte Zeit (mindestens 4 Stunden) allein in der Wohnung, ohne mit jemand Kontakt aufzunehmen (auch nicht telefonisch).
Massierte Reizkonfrontation (Reizüberflutung)
Mutigen und Ungeduldigen ist eine massierte Reizkonfrontation (Flooding) zu empfehlen. Nach Ausschluss organischer Ursachen für Ihre Angstzustände sollten Sie sich täglich mindestens 4-6 Stunden lang mit den stärksten Angstreizen überfluten. Binnen weniger Tage bzw. weniger Wochen werden Sie Ihren früheren Bewegungsspielraum wiedererlangen und das Vertrauen in Ihren Körper wiedergewinnen.
Der bewusste Verzicht auf jede Fluchtmöglichkeit bei
der Konfrontation mit den angstauslösenden Reizen führt dazu, dass der
Kampf-Flucht-Mechanismus gar nicht so stark ausgelöst bzw. rasch wieder gedämpft
wird. Die Fluchttendenz mit der entsprechenden körperlichen Aktivierung ist
immer dann am größten, wenn noch eine reale Chance zu entkommen gesehen wird
(kurz vor der Abfahrt des Lifts, der Straßenbahn, des Zuges, des Flugzeugs usw.,
d.h. unmittelbar bevor die Tür zugeht).
Wie rasch möchten Sie Ihre Ängste los werden? Wenn Sie Ihre Ängste schnell überwinden wollen, was hindert Sie dann eigentlich daran, zu den Mutigen zu gehören, wenn Sie glauben können, dass Sie körperlich gesund sind und durch eine intensive Reizüberflutung keinen körperlichen Schaden erleiden?
Wenn Sie den Mut haben, die stärksten Angstsituationen gleich zu Beginn aufzusuchen, dies anfangs jedoch nicht allein zu tun wagen, wählen Sie eine Person Ihres Vertrauens aus, die Sie anfangs dabei begleitet, bis Sie das Vertrauen zu sich gefunden haben, die entsprechenden Situationen auch alleine bewältigen zu können. Dieses Vorgehen bringt die schnellsten und anhaltendsten Erfolge. Üben Sie bei Bedarf vorher in der Vorstellung.
Wenn die Angstbewältigung trotz der richtigen Technik nicht gelingen will
Mangelhafte oder ausbleibende Übungserfolge bei der Bewältigung der Agoraphobie, insbesondere wenn diese in bester Absicht und „technisch“ richtiger Weise angestrebt wurden, sollten Anlass sein, nach den Gründen zu suchen.
Stellen Sie sich folgende Fragen:
Welche Vorteile könnte ich mit dem Verlust der Agoraphobie ebenfalls verlieren?
Welche anderen Probleme vermeide ich durch meine Agoraphobie?
Welche Auswirkungen hätte die Bewältigung meiner Ängste auf mein Leben, insbesondere auf meine familiäre und berufliche Situation?
Was möchte ich nach Beseitigung meiner Ängste tun, und wie wichtig ist mir dies?
Ihre Ängste können die Funktion haben, Sie vor noch größeren Problemen als Ihre Agoraphobie oder Panikattacken zu bewahren. Werden Sie die wiedergewonnene Freiheit auf Anhieb tatsächlich nützen können? Hinter einer Agoraphobie kann die Angst vor Verantwortung und Freiheit stehen. Wenn die Fesseln und Ketten der Ängste abgeworfen sind, kann eventuell die Bürde der Verantwortung und der Freiheit sowie der Zwang zur Entscheidung zwischen verschiedenen Alternativen auf Sie warten.
Nach der Beseitigung der Ängste können Sie vielleicht vor der Situation stehen,
verschiedene Annehmlichkeiten zu verlieren (ständiges Umsorgtwerden, viel Zuwendung und Nachsicht, Unterstützung bei der Arbeit) und vieles wieder selbst erledigen zu müssen;
als Mutter weiterhin bei den Kindern zu Hause zu bleiben oder berufstätig zu werden, wo man doch am liebsten beides in bestmöglicher Weise miteinander verbinden möchte und sich dabei überfordert sieht;
den Arbeitsplatz wegen Unzufriedenheit zu wechseln und dabei das Risiko einzugehen, dies hinterher zu bereuen;
sich scheiden zu lassen und neben den Problemen der Partnerschaft auch deren Vorteile zu verlieren;
sich als Frau dem Partner gegenüber einerseits besser durchsetzen zu können, andererseits aber deswegen Angst haben zu müssen, seine Liebe zu verlieren;
als Jugendlicher von zu Hause auszuziehen und ein selbständiges Leben zu beginnen oder weiter unter den Einengungen durch das Elternhaus zu leiden.
Meiner Erfahrung nach
treten Endlos-Konfrontationstherapien mit durchaus sichtbaren Erfolgen, jedoch
noch immer unzureichenden Erfolgserlebnissen unter folgenden Bedingungen auf:
1. Fehlende Bereitschaft zu einer Panikattacke.
Die Betroffenen stellen sich zwar allen Situationen, jedoch nur so, dass sie
dabei auf keinen Fall eine Panikattacke erleben. Dies allein hält bereits eine
Daueranspannung aufrecht. Ohne die echte Bereitschaft zu einer heftigen
Panikattacke wird immer wieder ein Dauerstress bestehen bleiben, weil man ja
ständig Vermeidungs- und Unterdrückungsmechanismen anwenden muss.
Die "Angst vor der Angst" ("Was wäre, wenn ...") hält ständige Erwartungsängste
aufrecht.
2. Ärgste Angst wird nicht erkannt oder nicht zugelassen
(Was ist die ärgste Angst bei einer Konfrontation?)
Die wichtigsten Fragen bei einer Konfrontation lauten meiner Meinung nach:
- Was fürchte ich am meisten, wenn ich mich allen Situationen stelle?
- Welche Situationen fürchte ich am meisten, sodass ich ihnen jetzt noch immer
auszuweichen versuche, soweit es geht?
- Welche Symptome fürchte ich am meisten, sodass alles auftreten kann, nur nicht
diese?
3. Perfektionismus als Mittel der Angstbewältigung.
- Jeder Perfektionismus ("Wenn schon, dann muss ich alles super schaffen") ist
bei einer Konfrontationstherapie schädlich, weil er von der kognitiven Seite her
den Stress erhöht.
- Der Versuch, erlebte positive Erfahrungen mit der Angstbewältigung zu
generalisieren auf andere Situationen scheitert an der mangelnden Fähigkeit zur
Generalisierung von Erfahrungen, d.h. der hoffnungsvollen Übertragung des
Gelernten auf neue Situationen. Der Grund liegt im Perfektionismus: "Es ist
jetzt schon 20 mal gut gegangen, doch wer sagt, dass nicht bein 21. mal etwas
passieren könnte?"
4. Sozialphobische Züge in einer agoraphobischen
Situation.
Sozialphobische Komponenten halten bei einer Konfrontationstherapie eine
ständige Anspannung aufrecht:
- Was werden sich die anderen denken, wenn sie meine Symptome bemerken?
- Wenn ich tatsächlich auffalle, bin ich dann "nervenschwach", "psychisch nicht
belastbar", ein Schwächling, weniger liebenswert, weil schwach?
5. Die Einnahme oder Verwendung bestimmter Mittel
- Keine Tranquilizer einnehmen oder mitführen!
- Keinen Alkohol als Pillenersatz verwenden!
- Keine Notfallstropfen, denn es besteht kein Notfall!
- Kein Handy, denn es besteht keine Lebensgefahr!
- Kein Verlass auf andere Personen (nicht das Vertrauen auf sich selbst durch
das Vertrauen auf andere ersetzen!)
6. Ständige Ablenkungsversuche statt Zuwendung.
Man wird komischerweise eher ruhig, wenn man sich nicht pausenlos abzulenken
versucht, sondern sich zu seinen Symptomen hinwendet: "Ich spüre jetzt meinen
Schwindel, mein Herzklopfen, meine weichen Knie usw., ich gehe aber dennoch in
die Situation und bleibe so lange ich will und nicht so lange mich die Symptome
lassen."
7. Sekundärer Krankheitsgewinn.
Gibt es letztlich auch Vorteile aus der Agoraphobie?
- Was will ich eigentlich vermeiden?
- Welchen anderen Konflikten gehe ich aus dem Weg, die sofort und unweigerlich
auftreten, wenn ich alle Situationen problemlos meisten kann?
8. Aktuell depressive Symptomatik oder depressive Verstimmung
Eine depressive Symptomatik ist u.a. charakterisiert durch eine körperliche und
psychische Kraftlosigkeit. Man sollte es daher in einer depressiven Phase gar
nicht versuchen, durch eine derartige Aktivierung, wie sie bei einer massierten
Konfrontationstherapie erforderlich ist, sein Selbstwertgefühl aufzubauen, denn
es kann nur zu einem Misserfolg kommen, der die depressive Symptomatik noch
weiter verstärkt. Eine Konfrontationstherapie ist daher höchst ungeeignet, das
schwache Selbstbewusstsein in der Depression aufzubauen, weil wieder alles auf
Leistung und Durchhalten ausgerichtet ist - was oft genau die Gründe waren,
warum es zu einer "Erschöpfungsdepression" gekommen ist.
9. Partnerprobleme
Oft stehen hinter einer Agoraphobie mit Panikstörung latente oder offene Partnerprobleme, die anfangs häufig nicht in Zusammenhang mit der Angststörung gesehen werden. Eine Agoraphobie stellt dann eine Pattsituation dar, die den unbefriedigenden gegenwärtigen Zustand aufrecht erhält. Dies ist so lange eine durchaus sinnvolle Problemlösung auf der Symptomebene, als man noch keine Entscheidung darüber getroffen hat, wie es mit der Partnerschaft weiter gehen wird, wenn die Agoraphobie überwunden ist.
10. Mangelnde Veränderungsziele nach der Konfrontationstherapie
Meine „Wunder-Frage“ nach Steve DeShazer lautet in der Psychotherapie oft:
„Stellen Sie sich vor, Sie wachen morgen in der Früh auf und
sind völlig gesund. Was würden Sie da tun? Was würde sich in Ihrem Leben dann
ändern?“ Viele Angstpatienten haben vordergründig oft keine anderen Ziele, als
ständig nur gegen ihre Ängste zu kämpfen. Stellen Sie sich doch einmal folgende
Fragen:
- Was will ich eigentlich im Leben erreichen,
wenn ich keine Symptome habe? Wenn es einem nicht mehr schlecht geht, dann muss
es einem noch lange nicht gut gehen!
- Wofür lohnt sich der ganze Aufwand?
- Was würde ich sofort, in einem Monat, in sechs Monaten, in einem Jahr
tun, wenn ich keine Ängste (Agoraphobie, Panikattacken) mehr hätte?
Agoraphobie und spezifische Phobien ohne Vermeidung überwinden
Zwei Formen der Konfrontationstherapie: gestuft und massiert
Alle Macht Ihrer Phobien kommt von Ihrer Vermeidungsreaktion, die Ihre Auffassung verstärkt, dass die jeweilige Situation tatsächlich gefährlich sein könnte. Eine Agoraphobie sowie die meisten Phobien können Sie daher am besten durch eine Konfrontationstherapie überwinden, die Ihre Angstspirale unterbricht und Ihnen die anhaltende Erfahrung vermittelt, dass Ihre Befürchtungen unbegründet sind. Dies ist anfangs sicherlich eine anstrengende Therapie, bringt jedoch rasch Erfolge. Sie stellen sich dabei allen Angst auslösenden Situationen gezielt nach dem Grundsatz „Standhalten statt flüchten“.
Nichts wird Sie mehr motivieren als der sichtbare Erfolg. Durch die Erfahrung, dass Sie auch die stärkste Angst aushalten können und nach einiger Zeit (15-30 Minuten) ruhiger werden, ändern sich auch Ihre Einstellungen. Sie erleben, dass Sie Angst aushalten können, daher glauben Sie auch, dass Sie auch zukünftig Angst durchstehen können.
Sie können die Konfrontation mit der Angst kann auf zweifache Art und Weise aufnehmen:
Gestufte Konfrontation. Sie lernen dabei, in kleinen Schritten immer schwierigere Aufgaben zu bewältigen. Auf diese Weise bauen Sie langsam Ihr Vertrauen zu sich und zur Umwelt auf und vermeiden jede Überforderung (auch eine heftige Panikattacke).
Massierte Konfrontation (Reizüberflutung). Bei dieser Methode stellen Sie sich sofort Ihren größten Ängsten, und zwar mit der Bereitschaft zu einer Panikattacke. Dieses Vorgehen empfehlen wir Ihnen vor allem dann, wenn Sie früher ein mutiger Mensch waren und sich nicht in jenen Situationen gefürchtet haben, die für Sie heute ein Problem darstellen. Ihre Angst vor bestimmten, an sich harmlosen und früher leicht bewältigbaren Situationen kommt wahrscheinlich daher, dass Sie mindestens einmal bei einer solchen Gelegenheit eine Panikattacke oder eine panikähnliche Symptomatik erlebt haben.
Das bewährte Powerprogramm – Den Teufelskreis der Angst durchbrechen
Die folgenden Handlungsanleitungen ermöglichen Ihnen eine rasche Bewältigung von Platzangst und spezifischen Phobien.
Konkrete Übungsziele stufenweise erreichen – So wächst langsam das Selbstvertrauen
Legen Sie klare und konkrete Übungsziele auf einer Liste fest und reihen Sie diese der Schwierigkeit nach. Die Beschreibungen müssen so exakt sein, dass bei den Übungen Missverständnisse ausgeschlossen sind (z.B. 30 Minuten lang in einem Supermarkt umhergehen). Gehen Sie schrittweise vor. Beginnen Sie mit den leichtesten Übungen, wenn Sie sich anfangs wenig zutrauen. Auf diese Weise sichern Sie sich Erfolgserlebnisse, die Ihnen Mut und Zuversicht für das weitere Übungsprogramm geben. Stellen Sie sich im Laufe der Zeit immer schwierigeren Situationen, bis Sie auch diesen erfolgreich begegnen können. Notieren Sie alle Konfrontationsübungen in Ihrem Angsttagebuch nach Zeit, Ort, Art und Dauer der Übung sowie Ihrem jeweiligen Befinden vor, während und nach der Konfrontation.
Übung macht den Meister – So werden Fortschritte gefestigt
Wiederholen Sie die einzelnen Übungen bis zu dreimal täglich (besuchen Sie z.B. mehrere große Geschäfte hintereinander), um Ihre Erfolge zu festigen und Ihr Selbstvertrauen zu stärken. Die wiederholte Erfahrung, dass Ihre Befürchtungen unbegründet sind, stärkt zunehmend Ihr Vertrauen zu sich und vermindert Ihre Erwartungsängste. Auf diese Weise beruhigt sich Ihr Nervensystem im Laufe der Zeit und wird nur mehr dann Alarm schlagen, wenn tatsächlich Gefahr droht. Rechnen Sie damit, dass Sie gute und schlechte Tage haben und Ihnen die Übungen einmal leichter und einmal schwerer fallen werden. Üben Sie in den nächsten Wochen so oft als möglich täglich mindestens 2-5 Stunden lang. Regelmäßiges Üben schafft rasch neue Gewohnheiten, während gelegentliches Üben stets neue Aufregung verursacht. Je öfter Sie etwas tun, umso selbstverständlicher wird es für Sie. Lassen Sie sich am besten täglich auf eine Konfrontation mit der Angst ein, indem Sie sich in angstbesetzte Situationen begeben und so lange darin bleiben, bis Ihre Angst abnimmt oder überhaupt verschwindet. Wenn Sie einmal keine Fortschritte machen sollten, weil die Ziele zu hoch waren, wählen Sie Zwischenziele, um doch Erfolgserlebnisse zu haben. Viele Angstpatienten sehen die kleinen Fortschritte nicht, weil sie zu große Erwartungen haben. Loben Sie sich und belohnen Sie sich dafür, wenn Sie einen kleinen Schritt vorangekommen sind. Schließlich ist das Erreichte für Sie nicht selbstverständlich.
Schwankungen sind normal – So überwindet man Tiefschläge
Üben Sie auch dann, wenn es Ihnen einmal nicht so gut geht, dann vielleicht etwas weniger lang. Führen Sie Ihr Trainingsprogramm unabhängig von Ihrer Befindlichkeit durch. Sie brauchen die Erfahrung, dass Sie Ihre Ängste auch dann bewältigen können, wenn diese nach vorübergehender Besserung in einem Stimmungstief wieder vermehrt auftreten sollten. Für Angstbewältigungsübungen müssen Sie nicht topfit sein. Rechnen Sie mit Rückschlägen, ohne dass Sie sich davor fürchten, und nutzen Sie diese als Chance, daraus etwas zu lernen. Die stärksten Rückschläge erfolgen oft in Zusammenhang mit einer Panikattacke. In diesem Fall sollten Sie erkennen, dass eine gestufte Angstbewältigung allein unzureichend ist, weil Sie dabei nicht lernen, mit starken Ängsten im Ausmaß einer Panikattacke umzugehen.
Den Angstabfall abwarten – So verschwindet die Angst
Suchen Sie alle angstbesetzten Situationen auf und bleiben Sie solange darin, bis Ihre Angst nachlässt. Es ist typisch, dass Ihre körperlichen Symptome vorübergehend stärker werden, wenn Sie sich in Angst machende Situationen begeben. Im Laufe der Zeit werden Sie sich jedoch daran gewöhnen und die Alarmierung Ihres Körpers wird ganz von allein abnehmen. Ihre Angst bleibt nur dann bestehen, wenn Sie sich ständig gegen das Aufkommen der Angst wehren und infolgedessen Ihre Stresshormone aktivieren. Warten Sie in Angstsituationen ab, bis die körperlichen Angstsymptome von allein abnehmen. Sie brauchen oft nur 15, höchstens 30 Minuten durchzuhalten, bis die größte Angst vorbei ist und Ihr Körper sich an die Situation gewöhnt hat, sodass Sie die verbleibende Anspannung ertragen können. Beobachten Sie, wie Ihre Angst von allein wieder abnimmt, wenn Sie aufhören, sich in Ihre Gedanken und Fantasien „Was wäre, wenn…“ weiter hineinzusteigern.
Keine Flucht aus Angstsituationen – So ist man stärker als die Angst
Stellen Sie sich allen Angstsituationen ohne auszuweichen. Denn Sie wissen ja schon: Angst lebt von der Vermeidung! Wenn Sie Angst machenden Situationen ausweichen, wird Ihre Angst verstärkt, Ihr Selbstvertrauen vermindert, Ihr Bewegungsspielraum eingeschränkt und Ihre Abhängigkeit von Menschen oder Medikamenten erhöht. Verlassen Sie eine Angst machende Situationen erst dann, wenn Ihre Angst auf ein erträgliches Ausmaß abgesunken ist. Verwenden Sie dazu ein subjektives „Angstthermometer“ mit einer Skala von 0-10, wobei 1-4 erträgliche, 5-8 schwer erträgliche und 9-10 fast unerträgliche Angst bedeutet. Für eine erfolgreiche Angstreduktion reicht es aus, wenn Ihre Angst von 7-8 auf 3-4 zurückgeht. Verzichten Sie auf jede reale und mentale Fluchtmöglichkeit und bestärken Sie sich darin immer wieder („Ich halte durch, was auch immer passiert!“), denn jeder Fluchtgedanke („Nichts wie weg!“) führt zu einer unnötigen körperlichen Aktivierung. Lernen Sie das Gefühl auszuhalten, vorübergehend „in der Falle“ zu sitzen, denn Gedanken an Flucht aktivieren zur Flucht und bewirken eine dauernde Anspannung.
Nach kurzer Auszeit wieder in die Angstsituation – So wird die Übung doch ein Erfolg
Entfernen Sie sich bei übermäßiger Angst nur ein kleines Stück vom angstbesetzten Ort. Vermeiden Sie jede Flucht und kehren Sie nach einer kurzen Erholungspause wieder in die Situation zurück, um auch diese Übung mit einem Erfolgserlebnis zu beenden. Wenn Sie aus Angst eine Situation verlassen haben, führen Sie dieselbe Aufgabe möglichst noch am gleichen Tag erfolgreich durch. Auf diese Weise überwinden Sie rasch Ihre Misserfolgserlebnisse.
„Angstfrei“ ist anfangs unrealistisch – So kann man sich der Angst trotz Angst stellen
Beginnen Sie Ihr Angstbewältigungstraining nicht damit, dass Sie sich vornehmen, keine Angst mehr zu haben, sondern damit, dass Sie die Entscheidung treffen, sich allen Angst machenden Situationen zu stellen. Ihre Bereitschaft, jede Angstvermeidung aufzugeben, ist der erste Schritt zur Angstüberwindung. Sagen Sie sich: „Ich bin bereit, mich auf meine Angst einzulassen und alle unangenehmen körperlichen Zustände auszuhalten.“ Es kommt beim Üben nur darauf an, Ihre Angst zu bewältigen – nicht keine Angst zu haben oder gar sie zu vermeiden. Lernen Sie, mit Ihrer Angst umzugehen und nicht, sie zu umgehen. Verzichten Sie auf das unrealistische Ziel eines angstfreien Lebens und nehmen Sie sich vor, trotz Ihrer Ängste alles anzugehen, was Ihnen wichtig erscheint. Warten Sie nicht darauf, bis Sie keine Angst mehr haben. Ängste können Sie nur dadurch überwinden, dass Sie sich ihnen stellen. Es gibt kein Geheimrezept für ein angstfreies Leben. „Angstfrei“ leben kann nur bedeuten, dass Sie mit den vorhandenen Ängsten gut zurechtkommen, weil Sie mutig genug sind, sie auszuhalten, damit sie nicht zu einer lebensbeeinträchtigenden Größe werden. Mit dieser Einstellung werden Sie eine angenehme Überraschung erleben: Weil Sie nicht mehr so sehr gegen Ihre Ängste kämpfen, werden Sie vieles bald ohne Angst tun können. Was man nicht in den Mittelpunkt stellt, ist plötzlich verschwunden.
Mit der Angstwelle mitschwimmen – So erspart man sich unnötigen Stress
Bekämpfen Sie Ihre Angst nicht, weil dies nur unnötig viel Kraft kostet. Akzeptieren Sie Ihre Angst und laufen Sie ihr nicht davon. Sagen Sie sich: „Da bist ja wieder, meine Angst. Ich kenne dich schon gut und weiß, dass du mir nichts anhaben kannst“. Eine Panikattacke ist vergleichbar einer Meereswelle, die einen überflutet. Es ist besser, mit der Welle mitzuschwimmen, als gegen sie anzuschwimmen. Wenn Sie Ihre Angst unterdrücken oder stoppen wollen anstatt sie zu akzeptieren und anzunehmen, bleiben Sie unnötig lange angespannt. Der ständige Kampf gegen die Angst kostet Sie enorm viel Kraft und führt zu chronischer Erschöpfung. Lassen Sie Ihre Angst zu wie Ihre Tränen in Phasen der Trauer. Wenn Ihre Angst bei einer Konfrontation mit den gefürchteten Situationen oder Objekten nach spätestens einer halben Stunde nicht abklingt, ist dies oft dadurch bedingt, dass Sie gegen das Auftreten einer Panikattacke ständig aktiv ankämpfen. Die Angst vor der Angst löst einen neuerlichen Adrenalinstoß aus.
Angst und Panik provozieren – So lässt sich die Erwartungsangst rascher überwinden
Schrittweises Üben führt kaum zu Panikattacken. Anstelle der Methode „Wasch’ mich, aber mach’ mich nicht nass“ sollten Sie direkt in das „kalte Wasser“ der Angst springen und eine massierte Konfrontation mit den gefürchteten Situationen allein oder mit Hilfe einer vertrauten Person beginnen. Sie lernen dabei, Ihre stärksten Ängste zu provozieren und zu bewältigen. Ihre Konfrontationstherapie ist dann am wirksamsten, wenn Sie bewusst gerade jene Situationen aufsuchen, die eine Panikattacke auslösen können. Ihr unerschrockenes Verhalten wird Ihnen bald zeigen, dass es gar nicht so leicht ist, eine Panikattacke zu provozieren, wenn Sie bereit sind, diese voll zuzulassen. Handeln Sie nach folgenden weisen Sprüchen: „Tue das, wovor du dich fürchtest, und die Furcht stirbt einen sicheren Tod“; „Sieh der Angst ins Antlitz, und der Tod der Angst ist gewiss.“
Sich selbst vertrauen – So sind Hilfsmittel und Entspannungsübungen überflüssig
Setzen Sie während der Konfrontationsphase keine Entspannungsübungen ein, denn nur durch die wiederholte Erfahrung der Ungefährlichkeit Ihrer Symptome und der jeweiligen Situationen lernt Ihr Angstzentrum im Gehirn, den falschen Alarm abzuschalten. Sie müssen ein gewisses erträgliches Ausmaß an Angst erleben, um Angst machende Situationen bewältigen zu lernen. Nehmen Sie vor den Übungen weder Beruhigungsmittel (Tranquilizer, Alkohol) noch Aufputschmittel (Cola, Kaffee) ein. Tragen Sie während Ihres Übungsprogramms keine Tabletten und auch kein Handy wie einen Talisman bei sich. Verlassen Sie sich von Beginn an auf sich selbst. Sie schaffen damit die Voraussetzungen dafür, alle erreichten Erfolge sich selbst zuschreiben zu können. Bevor Sie jedoch eine für Sie bedeutsame Situation vermeiden, verlassen Sie sich lieber auf ein Sicherheitszeichen (z.B. Handy, Mitnahme von Tabletten ohne Einnahme), denn schlussendlich zählen der Erfolg und die positive Erfahrung. Je mehr Sie sich in Angst machenden Situationen auf sich selbst verlassen und auf nichts anderes (kein Medikament oder anderes Hilfsmittel) und auch niemand anderen (keinen Angehörigen oder anderen Helfer), umso schneller werden Sie Ihre Angst in den Griff bekommen. Schleichen Sie vor Beginn des Angstbewältigungstrainings in Absprache mit Ihrem Arzt alle Beruhigungsmittel aus, falls Sie solche regelmäßig einnehmen.
Keine Horrorfantasien – So bleibt man im Hier und Jetzt
Steigern Sie sich in Angstsituationen nicht unnötig hinein durch Gedanken wie „Gleich wird mir etwas passieren“, „Gleich falle ich um“, „Jetzt muss ich sterben“. Ihre Angst wird schneller zurückgehen, wenn Sie nicht ständig lebhafte Vorstellungsbilder entwickeln, was Ihnen alles passieren kann. Konzentrieren Sie sich nur auf das, was um Sie herum und mit Ihrem Körper wirklich geschieht, und nicht auf das, was in Ihrer Vorstellung noch alles geschehen könnte. Bleiben Sie trotz Ihrer Angst- und Panikgefühle in der Realität, beobachten und beschreiben Sie, was Sie momentan wirklich erleben. Halten Sie die Zuwendung auf Ihren Körper aufrecht, ohne aus Angst davor zu Ablenkungsstrategien zu greifen. Kommentieren Sie die auftretenden körperlichen Vorgänge folgendermaßen: „Ich spüre, wie mein Herz schlägt, mein Blut in den Kopf steigt, mein Körper etwas zittert, ein flaues Gefühl im Magen entsteht, leichte Schwindelgefühle auftreten. Ich weiß, diese Zustände sind ganz normal, so lange ich mich fürchte. Sie werden erträglicher, wenn ich mich an die Angst machende Situation gewöhnt habe.“
Hilfreiche Selbstgespräche – So ermutigt man sich selbst
Treten Sie mit sich in einen inneren Dialog, führen Sie konstruktive Selbstgespräche und sagen Sie sich immer wieder: „Meine Angstgefühle und die damit verbundenen körperlichen Symptome sind nichts anderes als eine Übersteigerung der normalen Körperreaktionen bei großem Stress. Meine Angst alarmiert meinen Körper und bewirkt eine vermehrte Adrenalinausschüttung. Das ist aufgrund meiner großen Angst völlig normal und lässt nach 5-15 Minuten nach, wenn ich mich an die Situation gewöhnt habe. Die späteren Zustände meines Körpers sind leichter zu ertragen, wenn ich nur die erste Viertelstunde durchgehalten habe. Meine Angst und deren körperliche Begleitreaktionen sind zwar unangenehm, jedoch nicht gefährlich oder gesundheitsschädigend. Es kann mir wirklich nichts passieren.“ Oder sagen Sie sich: „Meine Angst ist immer vor gefürchteten Situationen am größten. Wenn ich doch durchgehalten habe, ist es mir stets gut gegangen und ich habe mich darüber gefreut. Ich lasse mich auch jetzt nicht von meiner Angst vertreiben.“
Platzangst ist letztlich Angst vor sich selbst – So entsteht eine neue Sichtweise
Halten Sie sich vor Augen, dass Sie letztlich nicht bestimmte Situationen fürchten wie z.B. öffentliche Verkehrsmittel, geschlossene Räume oder Prüfungssituationen, sondern den Umstand, dass Sie in diesen Situationen die Kontrolle über Ihren Körper oder Ihren Verstand verlieren könnten. Sagen Sie sich: „Ich habe Angst, die Kontrolle zu verlieren. Doch dies sind nur meine Gedanken und Gefühle. Tatsächlich wird nichts passieren. Wenn ich die Angst vor meinem Körper aushalte, dann halte ich auch die Angst vor allen anderen Dingen aus.“ Diese Selbstinstruktion erleichtert Ihnen das Durchhalten in Angstsituationen. Wenn Sie Gewohnheiten wie z.B. ein chronisches Vermeidungsverhalten ändern wollen, brauchen Ihre Gefühle und körperlichen Zustände einige Zeit, Ihren geänderten Einstellungen zu folgen. Es ist daher ganz normal, dass Sie sich in bestimmten Situationen, aus denen Sie früher angstvoll geflohen sind, eine Zeitlang noch etwas unwohl fühlen werden, weil Ihr Körper noch nicht zur Ruhe gekommen ist.
Positive Ziele verfolgen – So kämpft man für und nicht gegen etwas
Achten Sie von Beginn Ihres Angstbewältigungstrainings an darauf, dass Sie nicht nur gegen Ihre Ängste kämpfen, sondern auch für Ihre Freiheit, tun und lassen zu können, was Sie wollen und was gut für Sie ist. Üben Sie nicht nur das Aushalten unangenehmer Situationen, die auch weniger ängstliche Menschen ungern erleben, sondern setzen Sie Aktivitäten, die Sie gerne unternehmen möchten. Dies stärkt Ihre Durchhaltemotivation. Vergegenwärtigen Sie sich, was Sie früher gerne getan haben, und malen Sie sich in der Fantasie möglichst plastisch aus, wie Sie diese Situationen aufsuchen können, deren Bewältigung Sie in der nächsten Zeit erst noch üben müssen.
Allein sein können ohne Symptome – So wird man unabhängiger von anderen Menschen
Manche Agoraphobiker sind auch ohne Symptome ungern allein und nur zusammen mit dem Partner oder Bekannten unterwegs. Suchen Sie nach Aktivitäten, die Sie gerne ohne andere Menschen außerhalb Ihrer Wohnung unternehmen würden. Möchten Sie in Zukunft überhaupt mehr Dinge allein unternehmen? Haben Sie vor Ihrer Agoraphobie kleinere Reisen allein unternommen?
Nur im Notfall Atemtechniken verwenden – So kann man Krisen bewältigen
Wenn Ihre Angst in einer bestimmten Situation einmal fast unerträglich stark wird, können Sie eine Atemtechnik einsetzen. Atmen Sie bei geschlossenem Mund tief durch die Nase ein, wie wenn Sie Ihren Lieblingsgeruch einatmen, und atmen Sie anschließend durch den Mund bei leicht geschlossenen Lippen möglichst langsam aus, wie wenn Sie einen Löffel mit heißer Suppe kühlen würden. Nach dem Ausatmen können Sie den Atem noch etwas anhalten, bis der Einatmungsreflex von alleine einsetzt und Sie durch die Nase einatmen. Ihre Ausatmungsphase sollte zwei- bis dreimal so lang sein wie Ihre Einatmungsphase. Wenn Sie langsamer atmen, verlangsamt sich Ihr Herzschlag, entspannt sich Ihre Muskulatur und vermindert sich Ihr Stoffwechsel. Wenn Sie sich bewegen, können Sie die vorhandene Anspannung rascher abbauen. Schütteln Sie Ihre Arme und Beine fest aus, während Sie ausatmen.
Angehörige als Helfer – So kann der Erfolg beschleunigt werden
Üben Sie schwierigere Situationen zuerst zusammen mit einem Angehörigen oder einer Vertrauensperson. Betrachten Sie jede aufgesuchte Situation jedoch erst dann als bewältigt, wenn Sie diese wiederholt auch allein und ohne weitere Hilfsmittel durchstehen können.
Panikattacken wirksam begegnen – Keine Angst vor der Angst!
Wenn Sie das Wiederauftreten von Panikattacken fürchten, sollten Sie sich speziell mit Ihrem Körper und Ihrer Angst vor den körperlichen und psychischen Symptomen auseinandersetzen. Oft erleichtert dies auch die Bewältigung einer agoraphobischen Folgesymptomatik. Sie sollten anfangs damit zufrieden sein, wenn Sie Ihre Panikattacken besser als bisher ertragen und bewältigen können. Wenn Sie ein gewisses Restrisiko nicht tolerieren können, haben Sie vermutlich starke Todesängste oder eine Angst vor sozialer Auffälligkeit. Ihre Panikattacken weisen Sie vielleicht auf zentrale Fragen und Probleme Ihres Lebens hin, denen Sie sich stellen sollten.
Mit Hilfe der folgenden Ratschläge können Sie innerhalb einiger Wochen oder Monate mit Ihrer Paniksymptomatik ausreichend zurechtkommen lernen, wenngleich eine gewisse Angst vor der Angst vielleicht noch bis zu einem Jahr andauern kann, bis auch diese verschwunden ist.
Lassen Sie sich körperlich durchuntersuchen!
Wenn Sie Angst vor einer körperlichen Erkrankung haben, ersuchen Sie Ihren Arzt um eine organische Durchuntersuchung, jedoch nur einmal und nicht ständig. Es wird Sie beruhigen zu wissen, dass Sie trotz der Heftigkeit der Paniksymptome körperlich gesund sind. Akzeptieren Sie jedoch, dass Sie sich dennoch bei der nächsten Panikattacke wieder existenziell bedroht fühlen werden, denn sonst wäre es keine echte Panikattacke.
Analysieren Sie nach jedem Anfall Ihre Angst und Panik!
Lernen Sie durch eigenständige Analysen die Ursachen und Auslöser Ihrer Panikattacken zu identifizieren. Unterscheiden Sie dazu zwischen den Ursachen, die sich in den letzten Wochen und Monaten finden lassen, und den Auslösern, die in den letzten Stunden und Tagen aufgetreten sind. Werden Sie zum Experten für Ihre Panikattacken und führen Sie ein Angsttagebuch wie Epileptiker einen Anfallskalender führen.
Bleiben Sie bei einer akuten Panikattacke nicht ruhig, sondern bewegen Sie sich!
Machen Sie auch dann intensive körperliche Bewegungen, wenn Sie meinen, Sie müssten sich aus Sicherheitsgründen ganz ruhig verhalten und schonen. Vermehrt ausgeschüttete Stresshormone werden durch Bewegung rascher abgebaut als durch Ausruhen. Bewegung bietet Ihnen auch eine einfache Erklärung für die körperliche Aktivierung, die Ihnen bei einer Panikattacke in Ruhe oft unerklärlich erscheinen mag. Bei niedrigem Blutdruck führt Bewegung zudem rasch zu einem Blutdruckanstieg und verhindert wirksam eine Ohnmachtsneigung, die viele Panikpatienten fürchten. Umhergehen ist durchaus eine adäquate Reaktion, um die muskuläre Anspannung als Folge des Adrenalinstoßes abzureagieren, auch wenn Sie oder andere Menschen dies bisher als Zeichen von Nervosität gesehen haben.
Verwenden Sie bei einer Panikattacke Atemtechniken in Verbindung mit Bewegung!
Atmen im Rhythmus langsamer Bewegungen verhindert die negativen Folgen einer Hyperventilation. Wenn Sie Ihre Panikattacken nicht widerstandslos hinnehmen wollen, atmen Sie langsam ein und aus in Verbindung mit Bewegung. Bei einer Hyperventilationsneigung brauchen Sie nicht die viel gepriesene Papiertüte, um die ausgeatmete Luft mit dem Kohlendioxid wieder einzuatmen, denn durch Bewegung wird der zu viel eingeatmete Sauerstoff in Kohlendioxid umgewandelt und schon passt alles wieder.
Beobachten Sie bei einer Panikattacke nicht Ihren Körper, sondern die Umgebung!
Konzentrieren Sie sich auf etwas, das 5 Minuten lang Ihre ganze Aufmerksamkeit erfordert. Damit fangen Sie oft bereits die ärgste Panik ab. Beobachten Sie andere Menschen, Häuser, Pflanzen, Tiere, Autos, Nummernschilder, Plakate, Bilder, Schaufenster usw. und prägen Sie sich alles möglichst gut ein. Was sehen und hören Sie jetzt gerade, wenn Sie sich auf die Umwelt konzentrieren? Was riechen und schmecken Sie gegenwärtig, wenn Sie mehr darauf achten? Was tasten und spüren Sie im Moment, wenn Sie den körperlichen Kontakt zur Umgebung suchen? Mit wem könnten Sie gerade ein interessantes Gespräch oder Telefonat beginnen? Was könnten Sie zu Hause oder auswärts tun, das Ihre ganze Aufmerksamkeit erfordert? Selbstbeobachtung und Konzentration auf die vorhandenen Symptome verstärken Ihre Angstbereitschaft, wodurch Ihre Beschwerden größer und eine Panikattacken wahrscheinlicher werden. Wenn Sie mit Ihren Panikattacken bereits besser umgehen können, werden Sie eine Panikattacke auch durch Zuwendung auf Ihren Körper bewältigen lernen, indem Sie z.B. Atemtechniken anwenden.
Bleiben Sie bei einer Panikattacke im Hier und Jetzt, ohne negative Erwartungen!
Steigern Sie sich nicht in irreale Katastrophenfantasien hinein, sondern bleiben Sie in der Gegenwart und beobachten Sie, was momentan geschieht. Sprechen Sie mit sich selbst, indem Sie kommentieren, was Sie jetzt spüren. Sagen Sie sich wiederholt, dass Sie alle Zustände ertragen können und auch schon x-mal ausgehalten haben.
Motivieren Sie sich durch Ziele jenseits von Angst und Panik, um eine Panikattacke besser durchzustehen!
Wenn eine Panikattacke im Kommen ist, konzentrieren Sie sich auf Tätigkeiten, die Sie gerne ausführen oder unbedingt erledigen müssen, z.B. Hausarbeiten (Kochen, Bügeln, Staubsaugen, Reparaturarbeiten), Gartenarbeit, Briefschreiben, Fernsehfilm oder Video anschauen, Lieblingsmusik hören, Singen oder Tanzen, Buch oder Zeitung lesen, Computerspiel spielen, Fotos einordnen, Einkaufen gehen, Telefonieren mit Bekannten, Hausaufgaben der Kinder kontrollieren, Beschäftigung mit einem Haustier, Einnehmen einer Lieblingsmahlzeit, etwas Wohltuendes trinken, angenehmes Bad, Urlaubsplanung usw.
Lassen Sie die Panikattacke ohne Widerstand vorbeigehen!
Verzichten Sie auf jeden direkten Kampf gegen die Paniksymptome. Panikattacken bewältigen Sie am besten durch Zulassen, weil Ihr Kampf dagegen nur Ihre Anspannung erhöht. Die Paniksymptome sind nicht gefährlich, daher müssen Sie sie auch nicht kontrollieren. Warten Sie, bis die Angst von alleine nachlässt, wenn Sie nicht dagegen ankämpfen. Ihr Körper benötigt 3-5 Minuten, um die Folgen eines Adrenalinstoßes abzubauen.
Nehmen Sie eine Neubewertung Ihrer körperlichen Symptome vor!
Vergegenwärtigen Sie sich die Körper-Seele-Zusammenhänge bei Angst und entwickeln Sie eine weniger bedrohliche Sichtweise, indem Sie die Angstreaktion als Stressreaktion umdefinieren. Halten Sie sich während einer Panikattacke vor Augen, dass Sie gesund sind und es auch bleiben und dass Ihre momentanen Todesängste nur Gedanken sind!
Stellen Sie sich Ihren größten Ängsten, die Sie in Panik versetzen!
Wenn Sie aus Angst vor Panikattacken bestimmte Situationen und Orte meiden, suchen Sie diese gezielt auf, um besser damit umgehen zu lernen. Wenn Sie ständig Angst vor einer bestimmten Erfahrung haben, führen Sie diese bewusst herbei, um zu erleben, dass nichts Gefährliches passiert. Nehmen Sie anstelle von Fantasieren eine gezielte Realitätstestung vor.
Schonen Sie Ihren Körper nicht ständig, sondern trainieren Sie ihn!
Bereits durch eine mehrwöchige Schonung lässt bei Sportlern die körperliche Fitness nach. Zu wenig auf den Beinen aus Angst vor dem Umfallen führt bald zu körperlichen Verunsicherung und ständigen Schwindelzuständen. Empfehlenswert sind daher folgende körperliche Aktivitäten, die Ihren Gleichgewichtssinn trainieren: Ausdauersport (Radfahren, Schwimmen, Walking, Jogging, Hometrainer), Kniebeugen, Liegestütz, Rumpfkreisen, Schnurspringen, Stiegensteigen, körperlich arbeiten bis zur Ermüdung.
Nehmen Sie trotz Angst vor Panikattacken möglichst wenig Beruhigungsmittel!
Die Einnahme von Tranquilizern aus Erwartungsangst führt innerhalb weniger Monate zur Abhängigkeit von den Beruhigungsmitteln und ist nicht geeignet, das Selbstvertrauen in den eigenen Körper auf Dauer zu stärken. Nehmen Sie einen Tranquilizer höchstens 2-3 Wochen regelmäßig, ansonsten so selten wie möglich oder am besten gar nicht. Die mehrmonatige Einnahme bestimmter Antidepressiva ist eindeutig die bessere Alternative, sollte aber bei effektiver Anwendung unseres 7-Schritte-Programms ebenfalls überflüssig sein. Wenn unser Programm und Ihre Bemühungen nicht reichen, sollten Sie eine Psychotherapie, am besten eine Verhaltenstherapie, machen.
Vermeiden Sie längere Krankenstände und zu lange Krankenhausaufenthalte!
Ein längerer Rückzug aus dem sozialen und beruflichen Leben ist bei Panikattacken –im Gegensatz zu einer Erschöpfungsdepression – oft als Fluchtverhalten anzusehen. Unterbrechen Sie aus Angst vor Panikattacken Ihre berufliche Tätigkeit nur so kurz wie möglich – es sei denn, Sie haben bereits eine „Erschöpfungsdepression“, angesichts der eine Erholung gut tun kann.
Beschäftigen Sie sich in ruhigen Zeiten bewusst mit dem Tod!
Wenn Sie merken, dass Ihre Panikattacken immer mit Todesangst gekoppelt sind, sollten Sie sich der Endlichkeit Ihres Lebens stellen und besser damit umgehen lernen. Was bedeutet der Tod für Sie, wenn er z.B. morgen eintreten würde? Hat Ihre Todesangst etwas mit religiösen Vorstellungen und Befürchtungen zu tun? Warum dürfen Sie jetzt noch nicht sterben? Welche Mission müssen Sie noch erfüllen, welche Träume möchten Sie auf Fall noch verwirklichen, wer braucht Sie so dringend, dass Sie jetzt nicht dauerhaft fehlen dürfen?
Stellen Sie sich den zentralen Ängsten hinter Ihren Panikattacken!
Die Angst vor Panikattacken lenkt oft von anderen Ängsten und bestimmten Problemen ab, die unlösbar erscheinen. Wenn Sie z.B. Angst vor dem Ende Ihrer Partnerschaft haben, tun Sie etwas, um die Beziehung zu verbessern, oder stellen Sie sich einmal ganz konkret vor, wie das Leben ohne Ihren Partner einigermaßen erträglich weitergehen könnte. Wenn Sie Angst vor der Kündigung haben, lassen Sie diesen Gedanken und die aufkommenden Gefühle bewusst zu und überlegen Sie, was Sie dann tun könnten. Es geht immer um ein möglichst lösungsorientiertes Vorgehen.
Erkennen Sie die Gefühle, die Ihre Panikattacken auslösen!
Wenn Sie durch Unterdrückung von Ärger und Aggression Panikattacken bekommen, sprechen Sie Ihre Gefühle den Betroffenen gegenüber klar aus. Nicht selten war die erste Panikattacke kein Angstanfall, sondern ein unterdrückter Wutanfall. Haben Sie Angst davor, Ihre Gefühle offen zu zeigen, sodass Sie diese unterdrücken und sich dann aufgrund der körperlichen Anspannung plötzlich vor sich selbst fürchten?
Bewältigen Sie die psychosozialen Belastungssituationen, die Ihre Panikattacken begünstigen!
Wenn Sie erkennen, dass Ihre Paniksymptome mit Ihrem Partner oder mit Ihren Eltern bzw. Schwiegereltern zusammenzuhängen, widmen Sie sich der Lösung der anstehenden Probleme. Wenn Sie merken, dass Ihre Angstzustände immer dann verstärkt auftreten, wenn die Probleme im Beruf besonders groß sind (z.B. Überforderung, Kränkung durch Vorgesetzte, unerträglicher Konkurrenzkampf mit Arbeitskollegen, wirtschaftlich schlechte Situation Ihres Betriebes), sollten Sie Ihre beruflichen Probleme klären, damit Sie letztlich nicht deswegen und nicht wegen Ihrer Panikattacken in den Krankenstand gehen.
Lernen Sie, mit Ihrer Angst durch eine Panikattacke negativ aufzufallen besser umzugehen!
Wenn Sie merken, dass Sie bei Panikattacken hauptsächlich Angst davor haben, unangenehm aufzufallen, sollten Sie sich Ihre positiven Seiten vor Augen halten, die auch andere kennen, damit Sie sich nicht so sehr vor Ablehnung fürchten. Wenn Sie Angst vor Auffälligkeit durch bestimmte Symptome einer Panikattacke haben und den Beobachtern keinesfalls von Ihrer Störung erzählen wollen, legen Sie sich bestimmte Äußerungen zurecht, die etwas, aber nicht alles verraten (z.B. „Wenn ich zu viel arbeite und zu wenig schlafe, geht es mir immer so schlecht“).