Flugangst - Flugphobie - Aviophobie

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Dr. Hans Morschitzky

Klinischer Psychologe; Psychotherapeut

Verhaltenstherapie, Systemische Familientherapie

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Furcht vor dem Fliegen – Flugphobie als häufige Kombination von Situativer Phobie und Höhenangst

 

Flugangst und Flugphobie besser verstehen und hilfreich analysieren

 

Das Flugzeug ist das sicherste Verkehrsmittel, die meisten Unfälle passieren mit dem Auto auf dem Weg zum Flughafen oder nach Hause. Das wissen auch Menschen mit Flugangst, aber es hilft ihnen nicht. Viele Betroffene möchten gerne fliegen, um etwas Interessantes zu erleben, wagen es jedoch nicht, sodass sie in belastender Weise darunter leiden.

 

Eine krankheitswertige Flugangst wird Flugphobie oder Aviophobie genannt. Flugangst wird dann zu einer erheblichen Belastung, wenn die Betroffenen zur Vermeidung von privat gewünschten bzw. beruflich notwendigen Flügen neigen oder die starke Furcht während des Flugs nur unter großer Belastung durchstehen.

 

Die Flugphobie zählt laut dem internationalen Diagnoseschema ICD-10 zur Gruppe der Spezifischen Phobien (Diagnose-Code F40.2).

 

Rund 15 Prozent der Bevölkerung leiden unter einer belastenden Flugangst, weitere 22 Prozent fühlen sich beim Fliegen unwohl.

 

Eine gewisse Flugangst und ein mulmiges Gefühl bei den ersten Flügen sind völlig normal, schließlich ist der Mensch kein Flugwesen, sie kann jedoch durch regelmäßiges Fliegen wesentlich vermindert werden.

 

Flugangst geht mit angstmachenden Gedanken von Kontrollverlust, bildhaften Vorstellungen von Absturzszenarien (vor allem bei Turbulenzen), unangenehmen Gefühlen wie Hilflosigkeit und belastenden körperlichen Symptomen wie Übelkeit, Schwindel, Herzrasen, flacher oder schneller Atmung, Beklemmungsgefühlen im Brustkorb, Engegefühlen im Hals, Ohnmachtsgefühlen, Mundtrockenheit, Schweißausbruch, Harndrang, Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen, Zittern, Muskelverspannung, weichen Knien, Ohrensausen und typischen Panikattacken, aber auch mit mental-psychischen Symptomen wie Depersonalision (Entfremdungsgefühlen) und Derealisation (Unwirklichkeitsgefühlen) einher. Allgemeine Nervosität und ständige Angst vor der Angst treten oft bereits vor dem Flug auf, und zwar bereits ab der Flugbuchung, sodass die Buchung zur Angstminderung nicht selten hinausgeschoben wird.

 

Flugängste können zu unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten: bereits Wochen vor dem Flug, nur beim Start oder bei der Landung, während heftiger Turbulenzen, am Urlaubsort in Sorge um den Rückflug.

 

Nur bei einem Teil der Betroffenen geht die Flugangst auf negative Erfahrungen mit dem Flugzeug in Form von Turbulenzen oder mit dem eigenen Körper in Form von Panikattacken zurück.

 

Viel häufiger bestehen im Vorfeld des Flugs belastende Lebenssituationen im privaten bzw. beruflichen Bereich, die ein erhöhtes Stressniveau bewirken, sodass harmlose Ereignisse im Flugzeug ein Unwohlsein auslösen können, das früher niemals aufgetreten ist.

 

Bei Flugangst kann man nach meinen therapeutischen Erfahrungen mindestens sechs Personengruppen unterscheiden, die unterschiedliche Behandlungsstrategien benötigen:

Angesichts von Flugangst zeigt sich sehr deutlich der Konflikt zwischen dem rationalen Gehirn des Menschen, das vom Flugzeug als sicherstem Verkehrsmittel überzeugt ist, und dem emotionalen Gehirn mit dem Mandelkern im limbischen System, der in bestimmten Situationen wie leichten Turbulenzen gleich höchste Gefahr meldet, obwohl weltweit noch nie ein Flugzeug aufgrund von Turbulenzen abgestürzt ist und aufgrund der technischen Gegebenheiten auch gar nicht abstürzen kann.

 

Viele flugängstliche Personen haben mehr Angst vor dem Start als vor der Landung, obwohl dabei das Risiko eines Unfalls größer ist, aber auch mehr Angst beim Flug in die Ferne als zurück in die Heimat.

 

Wie bei anderen Spezifischen Phobien geht es um das zentrale Thema des Kontrollverlusts, entweder in Bezug auf das Flugzeug bzw. die Piloten oder in Bezug auf die eigenen körperlichen und psychischen Symptome.

 

Menschen mit Flugangst haben auf der Erde im eigenen Auto das Gefühl von Kontrolle, obwohl sie permanent der Fahrkunst unbekannter Verkehrsteilnehmer vertrauen müssen, was sie jedoch ausblenden, sonst könnten sie nicht mehr so wie bisher ruhig und entspannt fahren. Die Fiktion der Kontrolle bezieht sich nur auf die eigenen Möglichkeiten als Fahrer, während alle anderen, höchst realen Gefahren außer Acht bleiben.

 

Flugängstliche Personen verbinden einen Flugzwischenfall oft mit einem tödlichen Absturz. Die Verknüpfung von Fliegen und Tod führt zu größerer Angst vor dem Fliegen als vor dem Autofahren, weil im Falle eines Autounfalls die Chancen zu überleben viel höher bewertet werden. Kann das auf Sie zutreffen? Dann werden Sie auch dann nicht entspannt fliegen, wenn Sie mit jenen Fluglinien unterwegs sind, deren Flugzeuge bzw. Flugzeugtypen noch nie in einen schweren Unfall verwickelt waren.

 

Wäre Ihre Flugangst verschwunden, wenn Sie den Gedanken an den sehr unwahrscheinlichen, aber dennoch nicht sicher ausschließbaren Tod durch einen Flugzeugabsturz besser tolerieren könnten? Dann sollten Sie sich letztlich mit dem jederzeit möglichen Ende Ihrer menschlichen Existenz auseinandersetzen, statt mithilfe von Entspannungstechniken und Beruhigungspillen nur nicht daran denken zu wollen. Letztlich wäre dann nur die permanente Vermeidung des Fliegens die sicherste Garantie nicht abzustürzen. Erstellen Sie eine Gewinn-Verlust-Rechnung: Was sind die positiven und negativen Folgen Ihrer Flugangst? Wofür lohnt sich der Mut zum Risiko?

 

Viele Menschen mit Flugangst haben oft auch noch belastende andere Ängste. Gilt das auch für Sie? Wenn Sie neben dem Fliegen auch noch andere Höhen fürchten, leiden Sie gleichzeitig unter einer Höhenangst.

 

Wenn Sie zahlreiche Situationen fürchten, in denen Sie nicht jederzeit flüchten können oder ohne Unterstützung durch Vertrauenspersonen bzw. Medikamente ausharren müssen, wie etwa öffentliche Verkehrsmittel auf der Erde, Menschenmengen, Geschäfte, Veranstaltungszentren und weite Entfernungen, leiden Sie gleichzeitig auch unter einer ausgeprägten Agoraphobie.

 

Wenn Sie letztlich Angst vor einer Panikattacke im Flugzeug haben, ohne primär einen Absturz zu fürchten, leiden Sie auch unter einer Panikstörung. Wenn Sie alles Mögliche und Ungewisse fürchten und sich ständig Sorgen machen, leiden Sie vermutlich auch unter einer Generalisierten Angststörung.

 

Verschiedene Informationen können unnötige Befürchtungen vor dem Fliegen erheblich reduzieren, auch wenn während des Flugs dann doch eine unkontrollierbare Furcht vor dem Absturz auftreten kann.

 

Ein Flugzeug fliegt, weil es durch den Turbinenschub den Luftwiderstand und durch den Auftrieb die Schwerkraft überwindet. Es wird zu zwei Drittel durch den Unterdruck an der Flügeloberseite und zu einem Drittel durch den Auftrieb durch Überdruck an der Flügelunterseite nach oben gezogen und fliegt auch dann wie ein Segelflugzeug weiter, wenn alle Triebwerke ausfallen würden.

 

Anfers formuliert: Ein Flugzeug fliegt, weil die Luft an der unteren Seite des Flügels durch die Flügelform verdrängt wird und dadurch ein Überdruck entsteht, der das Flugzeug in die Höhe zieht, während auf der Oberseite des Flügels ein Unterdruck entsteht, der erhalten bleibt, solange das Flugzeug ausreichend schnell unterwegs ist, und der auch nicht durch Regen, Turbulenzen oder Fliegen von Kurven unterbrochen werden kann. 

 

Ein Flugzeug kann aufgrund der Bauweise nicht wie ein Stein vom Himmel fallen, was flugängstliche Personen häufig befürchten, sondern kann aus 10.000 Metern Höhe noch gut 200 km weit bis zum nächsten Flughafen gleiten. Haben Sie das gewusst?

 

Selbst aufgrund der heftigsten Turbulenzen kann ein Flugzeug nicht abstürzen. Das Flugzeug wird bei Turbulenzen, die dort entstehen, wo Luftschichten unterschiedlicher Temperatur aufeinandertreffen und sich verwirbeln, durch kurzfristige Luftströmungsänderungen (Abwind) nur versetzt und sackt nicht ab in einem „Luftloch“, das es gar nicht gibt, da Luft als Masse überall vorhanden ist. Turbulenten sind also Winde!

 

Ein Flugzeug wird während der ganzen Zeit der Turbulenzen vom Auftrieb der Tragflächen getragen. Bei sogenannten Klarsichtturbulenzen kann ein Flugzeug 1000 Meter absinken, aber niemals abstürzen.

 

Die Tragflächen des Flugzeugs können bei Turbulenzen nicht abbrechen. Sie können bis zu zehn Meter nach oben und fünf Meter nach unten schwingen. Sogar bei schweren Turbulenzen schwingen sie nur etwa einen halben Meter.

 

Ein heftiges Gewitter, dessen Zentrum die Piloten mithilfe der Warnsysteme stets ausweichen, ist für ein Flugzeug nicht gefährlich. Das Flugzeug stellt wie ein Auto einen Faraday’schen Käfig dar, der den Blitz ableitet. Im Falle eines Blitzschlags durch einen streuenden Blitz aus der Entfernung erfolgt nur ein lautes Krachen ohne schlimme Folgen. Die sensible Elektronik an Bord kann jedoch mögllicherweise geschädigt werden, weshalb zur Vorbeugung alle Sicherheitssysteme mindestens doppelt vorhanden sind. 

 

Das Fliegen ist heute so sicher wie noch nie zuvor. Alle wichtigen Systeme im Flugzeug sind mindestens doppelt vorhanden, sodass kein Totalausfall möglich ist.

 

Bei Ausfall eines Triebwerks kann das Flugzeug normal weiterfliegen. Das Flugzeug fliegt zur Entlastung der Piloten per Autopilot die eingegebene Route.

 

Den Start und einen Teil des Steigflugs steuern immer die Piloten, die Landung erfolgt je nach den Umständen entweder durch die Piloten oder vollautomatisch, wobei die Piloten jederzeit eingreifen und überprüfen können, ob die automatische Landung im Bedarfsfall funktioniert.

 

 

 

Flugangst erfolgreich bewältigen

 

Gestehen Sie sich ein: Sie haben beim Fliegen keinerlei Kontrolle über das Flugzeug. Sie können jedoch lernen, die Kontrolle über sich selbst wiederzugewinnen und sich auf diese Weise zumindest nicht auch noch sich selbst, den eigenen körperlichen, emotionalen und mentalen Zuständen, völlig ausgeliefert zu fühlen.

 

Die folgenden Hilfestellungen sollen einen Beitrag dazu leisten.

 

Ändern Sie schädliche Denkmuster.

Machen Sie aus Ihren falschen und angstgesteuerten Denkprogrammen hilfreiche Einstellungen und Sichtweisen, wie etwa:

 

Verbessern Sie Ihre körperliche Befindlichkeit.

 

Bei Angst und Furcht im Flugzeug entwickelt sich eine Kampf-Flucht-Reaktion, der man zumindest bei geschlossenem Gurt während des Aufsteigens oder Landens des Flugzeugs nicht nachgeben kann.

 

Nehmen Sie gefürchtete Situationen und körperliche Reaktionen achtsam wahr.

 

Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das, was Sie tun möchten.

 

Lernen Sie vom Vorbild anderer Menschen.

 

Coachen Sie sich durch wirksame Selbstanweisungen.

 

Bereiten Sie sich auf gefürchtete Situationen mental durch Imaginationsübungen vor.

 

Konfrontieren Sie sich schrittweise mit allen gefürchteten Situationen (sog. Konfrontations- bzw. Expositionstherapie).

Nutzen Sie bei Panikattacken wirksame Strategien