Dr. Hans Morschitzky

Klinischer Psychologe, Psychotherapeut

Verhaltenstherapie, Systemische Familientherapie

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Emetophobie - Furcht vor Erbrechen

 

Emetophobie besser verstehen und hilfreich analysieren

 

Die Furcht vor dem eigenen Erbrechen, dem Miterleben des Erbrechens anderer Menschen (oft auch von Tieren) und auch bereits vor Gesprächen über die Themen Übelkeit und Erbrechen wird als Emetophobie bezeichnet.

 

Die Betroffenen verbinden jede Übelkeit vorschnell mit bevorstehendem Erbrechen und dieses wiederum mit einem unerträglichen Ekelgefühl und inakzeptablen Kontrollverlust, in sozialen Situationen auch mit Gefühlen von Peinlichkeit und Blamage.


Übelkeit und Gedanken an mögliches Erbrechen lösen nicht nur Ekelgefühle aus, sondern vor allem auch existenziell bedrohliche Zustände in Form von situationsgebundenen Panikattacken.

Die Betroffenen haben nicht Angst vor bestimmten Speisen und Getränken, sondern davor, dass sie diese erbrechen könnten.

Tatsächliches Erbrechen wird nicht mehr als das gesehen, was es ist, nämlich ein völlig normaler und gesunder
Schutzreflex vor giftigen Substanzen, Fremdkörpern oder Viren, sondern wird als Kontrollverlust und Ekelgefühl sich selbst gegenüber betrachtet.

Die Betroffenen wissen, dass sie auf Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen überfokussiert sind und ihre Ängste übertrieben sind, können sie aber nicht bewältigen, sodass sie erheblich unter ihrem Verhalten leiden.


Emetophobische Personen weisen
typische Einstellungen und Verhaltensweisen auf, die sie aufgrund der Fülle der Merkmale von Menschen mit Essstörungen und funktionellen („somatoformen“) Magen-Darm-Störungen, aber auch von Personen mit anderen Angststörungen wie Panikstörung und Agoraphobie unterscheiden:


Sie bekommen bei harmlosen Beschwerden wie leichter Übelkeit, diffusen nichtorganischen Oberbauchbeschwerden, normalen Verdauungsgeräuschen, gelegentlichen Würgegefühlen im Hals oder Schwindelgefühlen starke Angst und Furcht zu erbrechen und malen sich im Kopf die schlimmsten Bilder bezüglich des möglichen Erbrechens aus, auch wenn dies noch nie der Fall war.

Sie rufen immer wieder die Erinnerung an ein tatsächliches Erbrechen vor langer Zeit sehr lebhaft ab, als wäre es erst gestern gewesen, auch wenn sie um die damaligen Umstände wissen, die gegenwärtig gar nicht mehr vorhanden sind.

Sie weisen ohne konkreten Anlass anhaltende Erwartungsängste bezüglich des möglichen Erbrechens auf, die den ganzen Tag bestimmen, und zwar auch allein zu Hause, was darauf hindeutet, dass es sich um keine primär sozialphobische Störung handelt.

Sie vermeiden viele Nahrungsmittel wie Fleisch, Hackfleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte, fette Speisen, breiige Speisen, die wie Erbrochenes ausschauen, sowie viele Gerichte, die nicht vor ihren Augen bzw. mit ihrem Wissen um die Inhalte zubereitet wurden.

Sie vermeiden leicht verderbliche Speisen aus Angst vor einer Lebensmittelvergiftung, die zu Erbrechen führen könnte.

Sie vermeiden sogar verschiedene Flüssigkeiten wie Milch, Suppen oder alkoholische Getränke aus Angst vor Erbrechen.

Sie verringern vor allem auch die Nahrungsmenge und das Ausmaß an Flüssigkeit aus Angst vor Übelkeit, Bauchschmerzen und Erbrechen, mit der Gefahr von Unterernährung, schweren Mangelerscheinungen und sogar Austrocknung.
   

Sie verzichten vor wichtigen Ereignissen auf das Essen, aus Angst vor Übelkeit, Bauchschmerzen, Brechreiz oder Erbrechen, und verwenden zur Rechtfertigung alle möglichen Ausreden, warum sie nichts essen können oder wollen.

Sie vermeiden viele Orte und soziale Situationen aus Angst vor Erbrechen und nehmen zahlreiche Einschränkungen des Lebens in Kauf, was langfristig erheblich depressiv machen kann.

Sie können nicht zwischen angst- bzw. stressbedingter Übelkeit und körperlich bedingter Übelkeit unterscheiden und daher auch nicht angemessen damit umgehen, wenn bereits die Angst vor Übelkeit unangenehme Empfindungen im Magenbereich auslöst.

Selbst ein angstbedingtes flaues Gefühl im Magen wird bereits als Übelkeit fehlinterpretiert, sodass die Körper- und Gefühlswahrnehmung unbedingt verbessert werden muss.

Sie erleben mögliches Erbrechen außer Haus noch peinlicher als zu Hause, was zu sozialphobischen Tendenzen führen kann, mit der Einschränkung von sozialen Aktivitäten, bis hin zum Verzicht auf gemeinsames Essen auswärts oder bei Bekannten zu Hause.

Sie haben Probleme beim Anblick des Erbrechens von anderen Menschen, aber auch von Katzen und Hunden.

Sie nehmen daher verschiedene Umwege in Kauf, um Menschen, die gerade erbrechen bzw. erbrechen könnten, speziell Betrunkenen oder kleinen Kindern, nicht zu begegnen, vor allem auch, um Erbrochenes an Orten wie Bahnhöfen, Volksfesten, Jahrmärkten, Betriebsfeiern, Partys, bestimmten Straßen, in der Nähe von Gaststätten oder auf Flug- bzw. Schiffsreisen zu vermeiden.

Sie verzichten oft zugunsten des Privatautos auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus Angst vor Übelkeit, Brechreiz oder Erbrechen, aber auch aus Sorge um eine mögliche Ansteckung durch einen Magen-Darm-Virus von Mitreisenden, der zum Erbrechen führen könnte. Aus diesen Gründen möchten sie nicht selten von Angehörigen mit dem Auto in die Schule bzw. in die Arbeit gebracht werden, ähnlich wie Agoraphobikerinnen.

Sie sind ständig auf der Suche nach Tipps gegen Übelkeit und Erbrechen und versichern sich oft auch bei Vertrauenspersonen und Fachleuten, dass sie in bestimmten Situationen weder Übelkeit noch Brechreiz oder gar Erbrechen befürchten müssen.

Sie waschen sich bei Ansteckungsängsten übermäßig oft wie Zwangskranke die Hände mit Seife oder gar Desinfektionsmitteln, um keinen Infekt zu bekommen, der zum Erbrechen führen könnte.

Sie achten beim Kauf und der Zubereitung von Nahrung streng darauf, die „richtigen“ Nahrungsmittel zu kaufen und nur bestimmte Zusatzstoffe zu verwenden, um keine Verdauungsprobleme zu bekommen, die ein Erbrechen begünstigen könnten.

Sie kontrollieren das Haltbarkeitsdatum aller Lebensmittel in Geschäften sowie im Kühlschrank zu Hause aus Angst vor Schimmel und dem möglichen Erbrechen verdorbener Nahrung.

Sie vermeiden aus Angst vor Ansteckung oft auch den Besuch der Schule oder Arbeit, wenn dort Magen-Darm-Viren kursieren.

Sie sind abends oft völlig erschöpft, weil sie sich den ganzen Tag mit der Thematik des Erbrechens und dessen rechtzeitiger Verhinderung beschäftigt haben.

Sie essen vor allem abends sehr wenig aus Angst vor Übelkeit oder Erbrechen im Bett und nutzen bestimmte Ablenkungsstrategien wie Lesen, Radiohören, Fernsehen oder das Internet so lange zur Vermeidung von möglichen Magen-Darm-Empfindungen, bis sie schließlich spät in der Nacht vom Schlafdefizit überwältigt werden.


Sie verspüren nicht selten abends im Bett, wenn sie sich nicht mehr bewusst oder unbewusst von ihrem Körper ablenken können, eine belastende Übelkeit, die sie daran hindert, normal einschlafen zu können, sodass im Laufe der Zeit Erwartungsängste bezüglich des Einschlafens entstehen können.
 

Sie suchen entweder zahlreiche Ärzte auf, um ihre Übelkeit und diffusen Bauchschmerzen abklären zu lassen, oder meiden Ärzte und Krankenhäuser aus Angst vor Ansteckung.

Sie nehmen bereits vorbeugend ein Medikament, ein pflanzliches oder homöopathisches Mittel gegen Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall oder selbstverordnet bestimmte „Magentropfen“. Sie führen häufig auch Brechtüten mit sich.

Sie vermeiden andererseits oft auch alle von Ärzten verordneten oder empfohlenen Medikamente aus Angst vor Übelkeit, Sodbrennen, Brechreiz und Erbrechen. Zur Einnahme von Antidepressiva sind sie schwer zu bewegen, wenn sie wissen, dass Übelkeit bis hin zum Brechreiz eine der häufigsten Nebenwirkungen zu Beginn der Einnahme sein kann.

Sie fürchten geradezu panisch bestimmte körperliche Erkrankungen, wie etwa eine Magen-Darm-Grippe oder einen Brechdurchfall, auch wenn ihnen dies noch nie passiert ist, und wenn doch, dann noch viel mehr als bereits vorher.



Mehr als doppelt so viele
Frauen wie Männer leiden unter einer Emetophobie, die angesichts der Häufigkeit in der Öffentlichkeit und selbst bei vielen Fachleuten relativ unbekannt ist.

Die milde Form erleben bis zu 3 Prozent der Männer und bis zu 7 Prozent der Frauen, die schwere Ausprägung 0,1 Prozent der Bevölkerung.

Eine Emetophobie beginnt oft schon in der Kindheit, im Durchschnitt mit 10 Jahren, in bestimmten Fällen ausgelöst durch normales Erbrechen angesichts bestimmter Umstände.

Eigenes Erbrechen in der Kindheit oder das erlebte bzw. berichtete Erbrechen von Verwandten oder Bekannten können bei der Entwicklung einer Emetophobie eine gewisse Rolle spielen, erklären aber nicht die immer mehr ausufernde Symptomatik der Betroffenen, die eine zunehmende Aufmerksamkeitseinengung auf ihre Störung entwickeln.


Die Betroffenen verhalten sich wie Menschen mit einer Zwangsstörung, die alles tun, um dem Kontakt mit bestimmten Nahrungsmitteln und Substanzen zu entkommen, oder möchten durch Waschrituale die Gefahr von Übelkeit und Erbrechen als Folge einer Magen-Darm-Erkrankung durch Keime und Viren verhindern.


Der Symptomatik liegt weder eine Essstörung noch eine psychisch bedingte Verdauungsstörung zugrunde, auch wenn die Fehldiagnosen „atypische Anorexie“, „Reizmagen“ oder „Reizdarm“ aufgrund der häufigen Gewichtsabnahme, besorgniserregenden Mangelernährung und beklagten Übelkeit öfters gestellt werden.

Die Betroffenen sind nicht vom Ziel der Gewichtsabnahme wie Magersüchtige getrieben und fühlen sich nicht zu dick, sie haben meist auch keine funktionelle, das heißt nichtorganische („somatoforme“) Störung des oberen oder unteren Verdauungstrakts in chronischem Ausmaß, sondern leben vielmehr in Angst und Schrecken vor entsprechenden Empfindungen wie Übelkeit und Brechreiz.

Auch wenn die Betroffenen geradezu „panisch“ das Essen wegen des möglichen Erbrechens fürchten, besteht keine Panikstörung, es handelt sich vielmehr um situationsgebundene Panikattacken in Zusammenhang mit den gefürchteten Symptomen von Übelkeit und Brechreiz bzw. den entsprechenden Auslösern in Form bestimmter Nahrung und essensbezogenen Situationen.

Während Menschen mit einer Bulimie das geplante Erbrechen als Form der Kontrolle ihres Körpergewichts nach dem Essen betrachten, vermeiden Personen mit einer Emetophobie alles, was ein ungewolltes Erbrechen begünstigen könnte.

Anders als Magersüchtige achten sie nicht auf die Kalorienmenge, sondern darauf, dass sie keine Nahrungsmittel oder Getränke zu sich nehmen, die zum Erbrechen führen könnten. Wegen der erheblichen Einschränkung und Veränderung des Essverhaltens wirken die Betroffenen auf die soziale Umwelt oft wie Essgestörte.

Nur in seltenen Fällen hängt die Symptomatik mit einer Magersucht (Anorexie) zusammen, bei der aufgrund des extremen Kontrollbedürfnisses die Nahrungsaufnahme stark eingeschränkt wird, gleichzeitig aber auch das Erbrechen als weiteres Mittel zur Gewichtskontrolle entschieden abgelehnt wird.


Wenn aus Angst vor öffentlichem Erbrechen eine erhebliche Einschränkung des Aktionsradius erfolgt, ähnlich wie bei Menschen mit einer ausgeprägten Furcht vor Ohnmacht, Harn- oder Stuhldrang, kann durchaus auch eine sekundäre Agoraphobie entstehen.

Vielfältige Ausreden dienen dann dazu, bestimmte Situationen wie öffentliche Feiern, Essen und Trinken im Familien- oder Bekanntenkreis sowie verschiedene Ausflüge und Reisen zu vermeiden.


Viele emetophobische Frauen fürchten sich vor einer Schwangerschaft nur deswegen, weil sie dabei unter morgendlichem Erbrechen leiden könnten, und weil sie danach das Erbrechen des durchaus ersehnten Babys bzw. Kleinkindes nicht ertragen könnten.

Der Kinderwunsch ist oft größer als die Angst vor Schwangerschaftserbrechen, das im Rahmen der Schwangerschaft als natürliches Geschehen eher akzeptiert werden kann als jedes Erbrechen in anderem Zusammenhang.

Die einen können das Erbrechen von Kindern im Rahmen normaler Erkrankungen im Kindesalter durchaus angemessen akzeptieren, während die anderen davor panische Angst haben, auch wenn sie dann im konkreten Fall ein erbrechendes Kind bestmöglich betreuen können.


Ursachenanalysen
helfen zwar zum besseren Verständnis der Störung und der emotionalen und kognitiven Verarbeitung der Auslöser, wie etwa eines alkoholkranken Vaters oder eines familiären Konflikts, helfen jedoch aufgrund des Chronifizierungsprozesses, der durch die Strategien von permanenter Vermeidung und Kontrolle der Nahrung entstanden ist, nicht zu deren dauerhafter Änderung.

Das Therapieziel ist nicht, das Ekelgefühl in Zusammenhang mit Erbrechen oder Erbrochenem durch Gewöhnung (Habituation) „wegzutrainieren“, sondern das Leben trotz Gefühlen von Übelkeit und raschen Ekelreaktionen ohne Einschränkung des Essverhaltens und des sozialen Verhaltens besser genießen zu können.

Die konkrete Form der Selbstbehandlung oder einer Psychotherapie hängt zwar von der Art der Emetophobie ab, als zentrale Leitlinien gelten jedoch eine gesunde Breitbandernährung und die Wahrnehmung eines normalen Sättigungsgefühls, statt die Nahrungsaufnahme aus Angst vor Übelkeit vorzeitig zu beenden, sowie ein genussbereites Essverhalten beim Zusammensein mit anderen Menschen zu Hause und außer Haus.

 

 

 

Emetophobie erfolgreich bewältigen

 

1.    Ändern Sie schädliche Denkmuster.

 

Strukturieren Sie Ihre krank machenden Denkmuster zugunsten von hilfreicheren Einstellungen und Sichtweisen um, die Ihnen wieder einen normalen Umgang mit Ihren Körperempfindungen sowie mit allen Nahrungsmitteln ermöglichen, wie etwa:

 

„Erbrechen ist ein Reflex und hat nichts mit Versagen zu tun“, „Erbrechen ist auch anderen Menschen peinlich, die sich jedoch aus Angst davor nicht das ganze Leben verderben lassen“, „Trotz Übelkeit bleibt das Essen im Magen“, „Übelkeit ist oft ein Anzeichen von Angst und nicht von Erbrechen“, „Man kann auch mit Übelkeit seinen Verpflichtungen nachgehen“, „Gesunde Ernährung ist wichtig für das allgemeine Wohlbefinden.“

 

2.    Verbessern Sie Ihre körperliche Befindlichkeit.

 

Essen und trinken Sie ausreichend, um Unterernährung und Austrocknung zu vermeiden, vor allem auch warme Flüssigkeiten, um Ihren Magen zu spüren und zu entspannen.

 

Angst und Stress führen zu einer Minderdurchblutung des Magens, weil das Blut bei einer Kampf-Flucht-Reaktion vermehrt in die arbeitende Muskulatur befördert wird.

 

Setzen Sie die Bauchatmung ein, um das Wohlbefinden im Ober- und Unterbauch zu fördern. Legen Sie beide Hände auf die Bauchdecke, um ein Gefühl von Wärme und Entspannung zu erleben.

 

Bewegen Sie sich bei Angst vor Symptomen wie Erbrechen und Stuhldrang, die vom parasympathischen Nervensystem gesteuert werden.

 

Die Aktivierung des sympathischen Nervensystems hemmt wirksam alle Ausscheidungsreaktionen zugunsten von körperlicher Aktivität.

 

Steigern Sie bei zunehmend besserer Ernährung Ihr Bewegungsausmaß, um einerseits die innere Anspannung abzubauen und andererseits die körperliche Fitness aufzubauen.


Nehmen Sie gefürchtete Situationen und körperliche Reaktionen achtsam wahr.


Das Grundproblem ist nicht das Erbrechen, sondern die Angst vor dem Erbrechen und die Bewertung von bestimmten Situationen und körperlichen Empfindungen als bedrohliche Auslöser.

 

Nehmen Sie alle Empfindungen Ihres oberen Verdauungstrakts (Speiseröhre und Magen) wahr, ohne Ihre Übelkeit, diffusen Magenschmerzen und Würgegefühle als bedrohlich zu bewerten.

 

Bleiben Sie ganz bei dem, was Sie im Hier und Jetzt empfinden. Akzeptieren Sie alle spontan auftretenden Gedanken und Vorstellungen von Übelkeit und Brechreiz sowie auch die vorhandenen Übelkeitsgefühle.

 

Sagen Sie sich immer wieder: „Übelkeit ist nur Übelkeit, meine Vorstellungen von Erbrechen sind nur Vorstellungen und nicht die Realität.“

 

Nehmen Sie Ihre Empfindungen im Oberbauch ohne Ablenkungsstrategien ganz bewusst wahr, vor allem auch nach einer größeren Mahlzeit.


Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das, was Sie tun möchten.

Machen Sie sich bewusst, was Sie kontrollieren können und was nicht. Körpergefühle wie Übelkeit sowie spontan auftretende Gedanken daran können Sie nicht kontrollieren.

Steuern können Sie dagegen Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Verhalten.

Akzeptieren Sie Ihre körperlichen Missempfindungen, ohne dagegen anzukämpfen, und konzentrieren Sie sich trotz leichter Übelkeit auf das, was Sie im Moment gerade tun oder unternehmen möchten, um Erfolgserlebnisse zu feiern, die unabhängig von Ihrer momentanen Befindlichkeit erreichbar sind.

Lernen Sie vom Vorbild anderer Menschen.

Essen
Sie wieder gemeinsam mit Ihren Verwandten und Bekannten zu Hause und auswärts sowie auch an Ihrer Arbeitsstelle, um die Nahrungsaufnahme als soziales Ereignis zu erleben und vom Verhalten der anderen profitieren zu können.

Reden Sie mit anderen Menschen, die gelegentliche Missempfindungen im Magen-Darm-Bereich nicht mit spontanem Erbrechen assoziieren.

 

Coachen Sie sich durch wirksame Selbstanweisungen.

Ermutigen Sie sich in Situationen des psychischen und körperlichen Unwohlseins, die kein Fernbleiben von der Arbeit oder vom Ausbildungsort rechtfertigen, durch hilfreiche Selbstinstruktionen, wie etwa:

„Meine Übelkeit ist nur Ausdruck meiner Angst, der ich mich mutig stelle“, „Ich kann auch mit Übelkeit am Arbeitsplatz, in der Schule oder Universität erfolgreich sein“, „Ich bin gesund und esse im Laufe der Zeit alles so wie früher, um meinen Körper zu stärken“, „Ich vertraue meinem Körper und verzichte auf alle Kontrollen“, „Ich gebe meiner Übelkeit und meinem Brechreiz, der noch nie zum Erbrechen geführt hat außer bei einer Magen-Darm-Infektion, zukünftig nicht mehr so viel Macht über mein Leben wie bisher.“

 

Bereiten Sie sich auf gefürchtete Situationen mental vor.

 

Vergegenwärtigen Sie sich möglichst bildhaft, wie Sie bisher gemiedene Nahrungsmittel und Getränke genussvoll zu sich nehmen, trotz anfänglicher Übelkeit und Brechangst.

 

Malen Sie sich aus, wie Sie mit anderen Menschen auswärts essen gehen und Ausflüge inklusive eines Restaurantbesuchs unternehmen.

 

Vergegenwärtigen Sie sich möglichst lebhaft, was Sie in Zukunft tun möchten und in der Vergangenheit an Schönem erlebt haben.

 

Konfrontieren Sie sich schrittweise mit allen gefürchteten Situationen.

Toleranz von Ekelgefühlen. Akzeptieren Sie Ihre Ekelgefühle angesichts von Gedanken, Bildern, Videos und realen Situationen, die mit Erbrechen und Erbrochenem zu tun haben, indem Sie sich ganz bewusst mit derartigen Situationen konfrontieren und Ihr inneres und äußeres Vermeidungsverhalten sukzessive abbauen.

Provokation von Missempfindungen im Oberbauchbereich.
Nehmen Sie ganz bewusst Nahrungsmittel zu sich, die Völlegefühle oder Blähungen auslösen können, wie etwa Nüsse oder Bohnen. Essen Sie manchmal so viel, dass Sie einen „vollen Bauch“ erleben. Trinken Sie so viel Wasser, dass Sie diese Menge innerlich spüren. Lernen Sie, harmlose Missempfindungen ohne Erbrechen wahrzunehmen.

Ausweitung des Speiseplans.
Widerlegen Sie Ihre Befürchtungen durch neue Erfahrungen mit Nahrungsmitteln, die Sie noch nie oder schon lange nicht mehr zu sich genommen haben. Finden Sie Schritt für Schritt zu einem normalen Essverhalten zurück und nehmen Sie im Laufe der Zeit immer mehr von den bisher verbotenen, jedoch gesunden Nahrungsmitteln zu sich. Gehen Sie auch wieder auswärts essen, um fremden Küchen vertrauen zu lernen, sowie auf einen Kaffee mit Milch und Kuchen oder auf einen Eiscafé, denn Sie sind keine Magen-Darm- oder Stoffwechsel-Kranke, die zu ihrem Wohlbefinden einen Diätplan einhalten muss. Essen Sie wieder vermehrt Nahrungsmittel, die Sie bisher mit Übelkeit und Erbrechen verbunden haben.

Abbau aller Vermeidungs- und Kontrollstrategien.
Reduzieren Sie Ihr Vermeidungsverhalten und Ihre Sicherheitsverhaltensweisen, die dazu gedient haben, Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen zu verhindern. Verzichten Sie im Laufe der Zeit auf die Mitnahme von Antibrechmitteln, Notfalltropfen und Brechtüten.

Ausweitung des Aktionsradius.
Stellen Sie sich zunehmend verschiedenen bisher gemiedenen Situationen, vor allem auch dem Aufenthalt in allen möglichen öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in öffentlichen Räumen, wie etwa der Schule, der Universität oder der Firma, um ein agoraphobisches Vermeidungsverhalten zur Vorbeugung von Übelkeit und vermeintlichem Erbrechen abzubauen oder zu verhindern.

Genusstraining. Machen Sie die Ernährung wieder zu einem genussvollen Erlebnis, auf das Sie sich schon freuen und nicht ständig als körperliche Bedrohung fürchten. Essen Sie wieder mehr von dem, was Sie früher gerne gegessen haben und am ehesten mit positiven Erinnerungen verbunden ist.

Soziales Verhaltenstraining. Achten Sie auf das gemeinsame Essen zu Hause und außer Haus, sodass die Nahrungsaufnahme wieder zu einem sozialen Ereignis wird. Konzentrieren Sie sich dabei auf das Zusammensein mit vertrauten Menschen statt auf Ihre körperlichen Empfindungen, die Sie vom engeren emotionalen Kontakt mit vertrauten Personen abhalten.

Emotionstraining. Konfrontieren Sie sich mit Ihren Gefühlen, die „hinter“ Ihren körperlichen Empfindungen stehen. Lernen Sie, Ihre Gefühle wahrzunehmen, innerlich in treffende Worte zu fassen, am besten in Form von Tagebuchschreiben, und dann auch angemessen bestimmten Bezugspersonen gegenüber auszudrücken. Durchbrechen Sie den Teufelskreis „Angst vor Übelkeit – tatsächlich wahrgenommene Übelkeit – Angst vor Brechreiz und Erbrechen“, indem Sie Ihre diesbezüglichen Ängste ganz bewusst zulassen und den Unterschied zwischen psychisch und körperlich bedingter Übelkeit besser wahrnehmen lernen.