Dr. Hans Morschitzky
Klinischer und Gesundheitspsychologe
Psychotherapeut
Verhaltenstherapie und Systemische Familientherapie
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Borderline-Persönlichkeitsstörung
Kriterien der Borderline-Persönlichkeitsstörung nach dem internationalen Diagnoseschema ICD-10 (dazu kommen noch die allgemeinen Merkmale einer Persönlichkeitsstörung, wie sie HIER angeführt sind):
F60.31 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung - Borderline Typus
Mindestens drei der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen vorliegen,
deutliche Tendenz unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln;
deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten mit anderen, vor allem dann, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden;
Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt mit Unfähigkeit zur Kontrolle explosiven Verhaltens;
Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar belohnt werden;
unbeständige und unberechenbare Stimmung.
Weiters müssen mindestens zwei der folgenden Eigenschaften und Verhaltensweisen vorhanden sein:
Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und "inneren Präferenzen" (einschließlich sexueller);
Neigung sich in intensive aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der Folge von emotionalen Krisen;
übertriebene Bemühungen, das Verlassenwerden zu vermeiden;
wiederholt Drohungen oder Handlungen mit Selbstbeschädigung;
anhaltende Gefühle von Leere.
Die folgende ausgezeichnete Zusammenfassung der 9 Kriterien der Borderline-Persönlichkeitsstörung nach dem amerikanischen psychiatrischen Diagnoseschema DSM-IV wurde von PD Dr.Horst Mitmansgruber erstellt.
Merkmale einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)
Neben den allgemeinen Merkmalen einer Persönlichkeitsstörung lässt sich jede Persönlichkeitsstörung nochmals genauer beschreiben. Bestimmte Merkmale kommen hier immer wieder gemeinsam vor.
Von einer BPS spricht man, wenn mindestens 5 der folgenden Merkmale vorhanden sind (die Informationen sind eine Zusammenfassung der Kriterien aus dem amerikanischen psychiatrischen Diagnoseschema DSM IV, dem zweiten gebräuchlichen Diagnosesystem im deutschsprachigen Raum neben dem ICD-10):
1. Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden
Menschen mit BPS haben häufig große Angst davor, von Bezugspersonen oder Freunden verlassen zu werden. Diese Angst kann schon durch kleine Anlässe ausgelöst werden (z.B. Zuspätkommen einer Freundin). Neben der Angst kann auch unangemessene Wut in solchen Situationen vorherrschen. Die betroffene Person hat möglicherweise einen heftigen Wutausbruch, wenn ein Freund für ein Treffen momentan keine Zeit hat. Das drohende Verlassenwerden kann neben starken Gefühlsschwankungen auch zu einer deutlichen Veränderung des Selbstbilds führen. Ganz plötzlich sieht sich die Betroffene (der Großteil der Personen mit BPS sind Frauen) als "schlecht" oder "böse".
Entsprechend große Schwierigkeiten haben Betroffene mit dem Alleinsein. Sie können es allein kaum aushalten und brauchen ständig jemanden um sich. Ihr verzweifeltes Bemühen, nicht verlassen zu werden, führt schließlich manchmal auch zu sehr dramatischen Hilferufen an die Umwelt (Selbstverletzungen, Suiziddrohungen oder sogar Suizidversuche; siehe unten).
2. Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist
Personen mit BPS haben, wie erwähnt, häufig wechselhafte, aber intensive Beziehungen. Nahe Bezugspersonen wie Lebenspartner, Eltern oder Kinder werden einmal nur im positivsten Licht gesehen (d.h. idealisiert), kurze Zeit (oft nur Minuten oder Stunden) später kann durch einen kleinen Anlass die Stimmung völlig umschlagen und die Person wird als bösartig, vernachlässigend, grausam oder aggressiv erlebt (d.h. entwertet). Entsprechend häufig ergeben sich heftige Konflikte und Auseinandersetzungen (siehe unten)
Auch bei neuen Beziehungen kann sich dieses Muster zeigen. Bereits nach einzelnen Kontakten wird die neue Bekanntschaft als wunderbar erlebt, möglicherweise werden bereits beim ersten Kontakt intime Einzelheiten anvertraut und die Person wird als ideal wahrgenommen. Treten dann die ersten unvermeidlichen Enttäuschungen auf, schlägt die Sichtweise der Person ins Gegenteil um.
3. Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung
Immer wieder erleben BPS-PatientInnen einen starken Wandel ihrer Sichtweise zur eigenen Person. Die meisten Menschen haben in der Regel ein relativ beständiges Selbstbild über Jahre (z.B. Ich bin ein hilfsbereiter Familien-Mensch, manchmal etwas jähzornig, arbeite gern, halte das Geld zusammen, möchte eine Fremdsprache lernen, liebe Musik, tue mich etwas schwer mit dem Genießen etc. etc.). Bei Menschen mit BPS lässt sich jedoch häufig eine starke Instabilität, ein starker Wandel in diesem Bild von sich selbst finden. Sie sind sich in ihren Zielen zwar momentan sicher, verfolgen jedoch ein Ziel, geben es am nächsten Tag wieder auf, um es am übernächsten wiederaufzunehmen, häufig jedoch aus voller Überzeugung. BPS-PatientInnen fühlen sich an einem Tag als wertvolle und liebenswerte Menschen mit guten Eigenschaften, am nächsten Tag als der letzte Mensch, der es nicht verdient hat, sich wohl zu fühlen, weil er abgrundtief schlecht und sündhaft ist. Diese Instabilität zeigt sich auch in den vertretenen Wertvorstellungen und sogar hinsichtlich der sexuellen Orientierung (Heterosexualität vs. Homosexualität). Der Wandel im Selbstbild tritt häufig im Zusammenhang mit Enttäuschungen in Beziehungen auf.
4. Impulsivität in mindestens zwei potenziell selbstschädigenden Bereichen (außer Selbstverletzungen oder Suiziddrohungen)
Personen mit einer BPS sind also in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen und ihrem Selbstbild impulsiv und wechselhaft. Aber auch in anderen Bereichen zeigt sich diese Impulsivität. Besonders problematisch sind Bereiche, die möglicherweise schädlich für das eigene Wohlbefinden sind. So kommt es häufig vor, dass Betroffene zu viel Alkohol, Drogen oder Medikamente konsumieren, ein risikoreiches Geschlechtsverhalten zeigen, rücksichtslos Autofahren, in Glücksspielen viel riskieren, massive "Fressanfälle" haben u.v.m. Gemeinsam ist diesen Verhaltensweisen, dass sie starke negative Folgen haben können. Dies wird jedoch in Kauf genommen bzw. das ist der eigentliche Reiz daran.
5. Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten
BPS-PatientInnen neigen schließlich auch zu wiederholten Suizidversuchen, sie deuten oder drohen einen Selbstmord an oder verletzen sich selbst durch Ritzen, Schneiden, Brennen und ähnliche Methoden. Ein vollzogener Selbstmord muss bei ca. 8-10% der Betroffenen festgestellt werden.
Diese suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen finden wieder häufig im Anschluss an eine Zurückweisung, einen drohenden Verlust bzw. ein drohendes Verlassenwerden statt. Sie sind in der Regel auch der Grund, warum Personen in therapeutische Behandlung kommen. Selbstverletzendes Verhalten wird dabei immer wieder als entlastend beschrieben, d.h. den Betroffenen geht es anschließend irgendwie besser. Manchmal finden Selbstverletzungen auch in einem "dissoziativen", d.h. tranceartigen Zustand statt.
6. Stark wechselhafte Stimmung
Personen, die an BPS leiden, erleben intensive und stark schwankende Gefühle von Depression, Traurigkeit, Angst, Schuld oder Scham. Diese Gefühle sind häufig die Reaktion auf die Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich und Ausdruck des äußerst negativen Selbstbilds von BPS-PatientInnen. Manchmal erleben die Betroffenen auch sehr positive Gefühle mit großer Stärke (starke Liebe, Freude oder Glück). Diese Episoden dauern in der Regel einige Stunden, selten einige Tage.
7. Chronische Gefühle der Leere
Verbunden mit diesen starken negativen Gefühlen leiden BPS-PatientInnen häufig stark unter einem chronischen Gefühl der Leere. Sie finden Langeweile unerträglich und versuchen deshalb vielleicht, sich ständig irgendwie zu beschäftigen.
8. Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, Wut zu kontrollieren
Vielleicht die auffälligste der "Gefühlsstörungen" ist das häufige Erleben von heftiger und unangemessener Wut bzw. Schwierigkeiten, diese Wut zu kontrollieren. Dies führt zu Konflikten, Ärgerausbrüchen und heftigen Streitereien mit Beschimpfungen, die manchmal bis zu körperlichen Auseinandersetzungen gehen. Anschließend fühlen sich die Betroffenen sehr schuldig bzw. schämen sich massiv für ihr Verhalten, was wiederum das negative Selbstbild verstärkt.
9. Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome
Wenn BPS-PatientInnen durch Konflikte oder andere Faktoren stark belastet sind, kann es vorkommen, dass sich vorübergehend paranoide Vorstellungen bilden. Darunter versteht man z.B. Überzeugungen, dass man niemandem trauen kann, dass andere einem nur Schlechtes wollen und man daher äußerst vorsichtig sein muss. Die Betroffenen unterstellen Bezugspersonen nur die schlechtesten Motive für ihr Verhalten. Weiterhin treten manchmal sehr starke "dissoziative Symptome" auf. Dissoziative Symptome sind etwa starke Gefühle des Unwirklich-Seins ("Derealisation"; die Realität wirkt unwirklich, "wie im Film" etc.) oder des Losgelöst-Seins vom eigenen Körper ("Depersonalisation"; man steht irgendwie neben sich, man "schwebt unter der Decke und sieht sich selbst zu", das Gefühl, "nicht mehr ich zu sein" und Ähnliches). Diese Zustände sind in der Regel von eher kurzer Dauer und gehen wieder zurück, wenn die Belastung abnimmt (wenn der Partner etwa wieder zurückkommt).